Steuer auf Rotzbremsen
Von Simone Hoepke
Schon die alten Ägypter haben sich künstliche Bärte umgeschnallt.
über Rotzbremsen
Seit Juli kann also jeder Hipster beim Bundesheer Karriere machen: Soldaten dürfen jetzt Bart tragen. Ob Vollbart, klassische Rotzbremse oder Backenbart – alles ist erlaubt.
Alexander der Große hätte sich wohl im Grab umgedreht. Der Kriegsherr hatte ein Gesicht so glatt wie ein Babyhintern und verlangte dasselbe von seinen Soldaten, mit denen er das größte Reich der Antike eroberte.
Große Denker hatte Alexander der Große offenbar nicht in seiner Armee. Diese waren zu jener Zeit ja Bartträger. Je länger der Bart, desto größer die Gedanken in den Köpfen ihrer Träger, dachte Mann in der Antike und ließ sich hoffnungsvoll das Gesicht zuwachsen. Aristoteles, Platon oder Sokrates machten es schließlich auch so.
Rote, blaue oder gelbe Perlen versteckte man damals noch nicht im Gesichtshaar. Das wurde erst ein paar Jahrhunderte später in Europa modern. Vor ein paar Jahren, als Fußballer und Künstler plötzlich auf eine Rasur pfiffen. Rasiert sich David Beckham nicht mehr, lassen Hinz und Kunz es auch bleiben. Die Krux aus Sicht der Exzentriker: Tragen alle Bart, sticht man mit dem eignen nicht mehr aus der Masse. Auch nicht, wenn es sich um ein Schnauzer-Modell handelt, das Mann ein paar Jahre zuvor maximal bei einer Bad-Taste-Party getragen hätte. Alternative Zeitgenossen mussten sich also plötzlich Perlen in den Bart stoppeln. Dass man sich etwas ins Gesicht hängt, ist aber nicht unbedingt neu. Schon die alten Ägypter haben sich künstliche Bärte umgeschnallt, um eine bessere Verbindung zu den Göttern zu haben. So gesehen war es ein echtes Drama, dass der Bart von Tutanchamuns Totenmaske vor ein paar Jahren abgebrochen ist. Er wurde eiligst wieder angeklebt.
Bei einer Ausstellung im Neuen Museum in Berlin konnten sich Politiker übrigens Anregungen aus der Geschichte holen. Peter der Große hat um 1700 eine Bartsteuer eingeführt, um Geld in die Staatskasse zu spülen. Wiener Hipster hoffen nun, dass Finanzminister Schelling bei seinen Berlin-Besuchen nie Zeit für einen Museums-Rundgang hatte.