Meinung/Kolumnen/fabelhafte WELT

Es geht uns schlecht

Doch stattdessen liegen wir seit Tagen am Sofa und bemitleiden uns.

Vea Kaiser
über gute Vorsätze

Und? Sind Sie putzmunter und fit ins neue Jahr gestartet? Haben Sie jeden Tag Sport gemacht und bereits den babylonischen Turm aus Papierln und Dokumenten weggearbeitet? Auto ausgesaugt? Dachboden aufgeräumt? Steuererklärung 2017 auch schon fertig?
Der Hund und ich hatten große Pläne für die ersten beiden Jännerwochen. Wie viele Tauben wollte Zwetschge verjagen! Was wollte ich alles erledigen! Doch stattdessen liegen wir seit Tagen am Sofa und bemitleiden uns. Schuld ist allein unser Dottore Amore bzw. die von ihm verantwortete Neujahrsnarkose nach übermäßigem Konsum von Gansl, Schweinsbraten, Schnitzi, Backhenderl und all deren Verwandten.
Natürlich wäre das vermeidbar gewesen. Damals, als meine niederösterreichische Familie erfahren hat, dass der Hund und ich uns einen echten Arzt aufgerissen haben, war sie zwischen Freude geschwankt, dass es ENDLICH einen Arzt in der Familie gibt, und der Panik, dass wir von nun an tatsächlich das kochen müssten, was die Ärzte im ORF2-Nachmittagsprogramm predigen. Leider verriet der Dottore Amore meiner Familie, dass er nichts so sehr liebe wie österreichische Küche, und die ist vieles, aber sicherlich nicht, wie von den Fernsehdocs empfohlen, mager und gedünstet. Als wäre das nicht genug, taufte der Dottore Amore mein seit Jahren immer wieder auftretendes Bauchzwicken auf den furchtbaren Namen Gastritis um. Ein Bauchzwicken ist aushaltbar. Aber eine Gastritis tut wirklich weh. Ist die Macht der Worte nicht verblüffend? Somit sind weder der Hund noch ich schuld, dass es uns so schlecht geht, sondern einzig allein der Dottore Amore. Und so ist es nur folgerichtig, dass er uns nun pflegen muss. Meine niederösterreichische Familie macht nicht nur die besten Schnitzi, sie ist auch wirklich g’scheit! Denn ja: Es ist wirklich gut, einen Arzt in der Familie zu haben.

vea.kaiser@kurier.at