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Ein bissi Bauchi

Die Mannen sitzen in der Sonne, das T-Shirt bis knapp unter die Brustwarze gerollt.

Vea Kaiser
über die mexikanische Küche

In und an Mexiko kann man vieles bewundern. Mich fasziniert jedoch am meisten, wie die mexikanische Küche Proteine, Calcium und Vitamine so in Kohlenhydrate verpackt, dass man sich im Sitzen, Stehen oder Gehen an einer vollwertigen Mahlzeit sättigen kann. Tacos, Tortillas, Tortas, Enchiladas, Quesadillas – dieses Land kennt tausende Variationen von mit Gemüse, Sauce und Fleisch gefüllten Fladen, die man überall und zu jeder Uhrzeit genießen kann. Man muss kein Schriftsteller sein, um beim ersten Bissen von einem Meer an Adjektiven hinfortgerissen zu werden: Köstlich! Schmackhaft! Aromatisch! Delikat! Doch an ein lobendes Wort, das in Österreich aktuell Hochkonjunktur hat, wird man wohl kaum denken: kalorienarm. Und das will die mexikanische Küche auch gar nicht sein. In einem Land, in dem man weiß, dass genug zu essen zu haben keine Selbstverständlichkeit ist, schreiben die Nahrungsmittelproduzenten stolz „mit Zucker“ oder „mit echtem Schweinefett“ auf die Verpackung, während wir überzüchteten Mitteleuropäer am liebsten glauben würden, unser Essen bestehe aus Luft. Zugegeben, ganz gesund ist der in Mexiko weit verbreitete, menschliche Aggregatzustand als Wutzerl nicht. Aber wenn man die hiesigen Mannen in der Sonne sitzen sieht, das T-Shirt bis knapp unter die Brustwarze gerollt, und den „Panza“ in die Sonne gereckt, versteht man, warum das Bauchi im Spanischen auch „Curva de la felicidad“ genannt wird – Kurve des Glücks. Mein größtes Glück wiederum war, dass sich mein wunderschöner knackiger Lieblingsmann während unserer Tage in Mexiko kein einziges Mal über sein Gewicht beklagte, weil er im Vergleich zum Durchschnitt des lokalen Hombre gertenschlank ist. Mexiko lehrte mich etwas sehr Wichtiges. Egal also ob man selbst eines hat, oder lediglich alle anderen: Ein bissi Bauchi macht immer glücklich.

vea.kaiser@kurier.at