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Der Fette

Vor allem aber scheint das Glück eine spanische Erfindung zu sein.

Vea Kaiser
über die größte Lotterie der Welt

Ich weiß jetzt, was man machen muss, wenn der Schrecken von Dunkelheit wie Kälte die Gemüter trübt und der Winterblues wie ein alter, keineswegs vermisster Bekannter an der Tür klopft: Man reise nach Spanien. Das Wetter streichelt Körper und Geist, die Energie dieser quirligen Menschen belebt, und sich viele köstliche Tapas zu teilen macht mehr Spaß, als einsam überm Schnitzel zu brüten. Vor allem aber scheint das Glück eine spanische Erfindung zu sein. Zumindest erschien mir dies so, als ich die Buchhandlungen der Madrider Innenstadt abklapperte, um den Anblick meines soeben auf Spanisch erschienen Romans zu genießen, und plötzlich eine hunderte Meter lange Schlange Wartender entdeckte. Zuerst dachte ich, dort gäbe es entweder ein limitiertes Smartphone oder irgendetwas gratis, doch diese Menschen stellten sich an, um ein Los für die Weihnachtslotterie zu kaufen. Ende Oktober. Um 20 Euro (!). Die Ziehung für El Gordo, den Fetten, findet jährlich am 22.12. statt, wobei der Verkauf bereits im Sommer beginnt. Man berichtete mir, ein Grund, warum sich die spanische politische Zunft zusammenraufte und eine Minderheitsregierung bildete, sei El Gordo gewesen. Eine Neuwahl hätte rund um den 22.12. stattfinden müssen und los politicos wollten nicht riskieren, mit der an jenem Tag abgehaltenen, größten Lotterie der Welt in Konkurrenz zu treten.
Natürlich kaufen nicht alle ein Los in der Hoffnung zu gewinnen. Oftmals ist es simpler Gruppenzwang. Man will schließlich nicht der einzige im Viertel sein, der in jenem Jahr, als die im Viertel verkaufte Losnummer gewinnt, keines gekauft hat. Aber egal, ob man hofft zu gewinnen, oder sich einfach nur für den Fall, dass gewonnen wird, absichern will – die Möglichkeit des Glücks ist omnipräsent. Und das sollten wir in diesen kalten Tagen nie vergessen.

vea.kaiser@kurier.at