Vegan-analog
Von Vea Kaiser
Warum tut man sich das an?
über Veganismus
Da mein Puszta-Boy im fernen Frankreich weilt, verzichte ich während seiner Abwesenheit auf Fleisch und Zucker, also auf alles, was Spaß macht. Erstaunlicherweise fällt das sehr leicht, wenn man sich Dokumentationen über Massentierhaltung ansieht oder über Zucker liest, der laut Internet an all unseren Krankheiten schuld ist und noch für den Weltuntergang sorgen wird. Großmaul, das ich bin, erzählte ich im Freundeskreis stolz von den Verzichts-Erfolgen, bis Freundin J. die Arme verschränkte: „Ja eh. Aber ich wette, du schaffst es keinen Monat, vegan zu leben.“ Damit hat sie mich erwischt, denn dem Veganismus stehe ich mit tiefster Skepsis gegenüber und halte ihn eher für den Ausdruck eines Problems, als für die Lösung eines solchen. Leider aber leide ich unter der Wenn-du-sagst-ich-schaff-das-nicht-dann-versuch-ich-es-erst-recht-Krankheit. Und somit esse ich nun Gemüse mit Gemüse und danach noch mehr Gemüse. Der Konsequenz zuliebe hab ich sogar meine Lederschuhe verräumt und veganes Hundefutter gekauft. Zwetschge beschnüffelte ihren Napf und blickte mich an, als hätte ich ihr Stofftier geköpft. Besäße sie die Fähigkeit zu telefonieren, hätte sie die Tierrettung, Greenpeace, WWF, Vier Pfoten oder alle zusammen angerufen. Die Hühnerherzen, die ich ihr zur Wiedergutmachung servierte, hat sie nicht gefressen, sondern aufgesaugt. Vegan zu essen ist ja eine legitime Lebensweise, doch als temporäre Neo-Veganerin frage ich mich tagtäglich: Warum tut man sich das an? Vor ein paar Jahren gab es einen riesigen Skandal, dass auf Tiefkühlpizzen Analogkäse drauf war – dasselbe Produkt, das heute als Veganer Käse verkauft wird, superteuer, aber noch immer supergrindig. Dafür hab ich eine Theorie, warum viele Menschen früher in Klöstern versuchten, durch Verzicht zur Erleuchtung zu gelangen: weil es damals noch keinen Veganismus gab.vea.kaiser@kurier.at