Die Mitschneider
Es war ein geselliges Beisammensein. Die Admira hatte 5:1 gegen Mattersburg gewonnen. Didi Kühbauer gratulierte Georg Heu, dem Erfolgstrainer auf der Bank der Südstädter. Der Tormanncoach ist dort recht einsam gewesen, weil Trainer Kühbauer und sein Assistent Manfred Nastl verbannt worden waren. Referee Gerhard Grobelnik hatte für sich die "ius primae chartae" in Anspruch genommen. Der Wiener Referee war es, der Kühbauer in dessen 45. Spiel als Trainer in der obersten Spielklasse erstmals auf die Tribüne geschickt hat, ihm quasi die erste Rote Karte gezeigt hat. Hat sich Kühbauer mit der Hand die Augen bedeckt? Oder hat er dem Assistenten von Grobelnik den Scheibenwischer gezeigt – als abfälliges Zeichen bezüglich dessen optischer oder intellektueller Fähigkeiten? Egal. Danach drehte sich alles um Respekt. Respekt des Trainers dem Schiedsrichter gegenüber und Respekt des Schiedsrichters gegenüber den Trainern und den Spielern. In der Pressekonferenz mit den Zeitungsjournalisten und ohne TV-Kameras redete sich Kühbauer in Rage. Diesmal war aber nicht "Flasche leer" wie bei Trapattonis Wutrede, sondern Akku voll beim Handy eines Anwesenden. Und siehe da: Nach der Zusammenfassung des Spiels sah man verwackelte Bilder von der Rede – just in dem Sender, der ihm davor in den Interviews diese Sager nicht entlocken konnte. Kühbauer war überrascht von den Bildern. Damit hatte er nicht gerechnet. Aber damit wird er immer rechnen müssen. Handykameras und Internet haben binnen weniger Jahre das öffentliche Leben komplett verändert. Und ganz besonders den Journalismus. Oft sind es anonyme Mitschneider, die auf diese Weise aus originellen Typen einsilbige Langweiler machen. Und wenn es nun Kühbauer die Rede verschlägt? Eine traurige Vorstellung.
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