Kurz und gut
Was war da los? Üblicherweise hatte K mir seine neuen Flammen sofort zur Beschnupperung vorgeworfen "Es wird sich schon einmal ergeben", eierte er herum, was für Frauen übersetzt heißt: "Kannst du dir pinseln, interessiert mich nämlich unter null, und damit ist das Thema hoffentlich vom Tisch." Es gibt nur ein Gefühl, das mich weiter trägt als Hass, und das heißt Neugierde. "Sei doch kein solcher Frosch, ich bin auch ganz lieb zu ihr, selbst wenn sie Engelsflüsterin oder Zierfischaquaristin ist", semperte ich, "alles völlig egal. Hauptsache, du bist glücklich!" Gott wird mir diese Lügen hoffentlich vergeben, denn Nachsicht steht doch angeblich ganz vorne in seiner Jobdescription. K kapitulierte: "Du wirst dich ein wenig wundern, sie ist nämlich etwas kurz geraten." – "Geh, bitte! Größe wird doch in der Liebe klein geschrieben ..." Er räusperte sich: "Sie ist so klein, dass sie in der Kinderabteilung einkaufen muss ..."- "Eine Liliputanerin?" Jetzt schlug er die Hände über dem Kopf zusammen: "Wenn du sie so nennst, wird sie dich kommentarlos würgen." Falls eine Leiter in der Nähe ist, dachte ich mir, während ich versuchte, mich zu sammeln. Dann stotterte er: "Man muss maximal kleinwüchsig sagen. Das ist der politisch-korrekte Terminus. Aber sie ist so süß! Du machst dir keine Vorstellung!" Ich kläffte meiner inneren Zynikerin, die jetzt gerade einen gemeinsamen Ausflug mit der Liliput-Bahn oder Urlaub in Minimundus vorschlagen wollte, zu: "Sendepause, Bitch! Das ist wahnsinnig romantisch. Und eigentlich die schönste Liebesgeschichte seit langem." Ich drückte K an mich: "Ich bin sehr stolz auf dich. Und hör mir bitte nicht auf irgendwelche Kleingeister ... also Idioten, die sich darüber lustig machen. Charakter ist nämlich das Gold des 21. Jahrhunderts."
polly.adler(at)kurier.at
Kürzlich erschienen: der erste Polly-Adler-Roman "Venus im Koma"