Meinung/Kolumnen/Chaosdeluxe

Isola Bonita

Dio", seufzte Bonita und verdrehte ihre Augen, "gerade war alles so wunderwunderschön: Endlich verwitwet und Herrin in meinem Haus. Und schon rollt wieder dieser Tsunami durch mein Leben!" Der Tsunami war ihr Sohn und Bonita die Vermieterin meiner Freundin M, die seit über einem Jahrzehnt im prächtigsten Winkel Mallorcas lebt. Der 32-jährige Tsunami, so wehklagte sie weiter, hätte zuerst seinen Job und dann die Liebe seines Lebens, was für eine treulose Schlampe aber auch, verloren und jetzt seine Zelte wieder in der "Casa Mamita" aufgeschlagen. Doch, doch, er bringe durchaus auch etwas in die neue WG-Situation ein: "Den Appetit eines Holzfällers und Pascha-Attitüden, die unseren bescheuerten Juan Carlos wie einen Vorzeigefeministen erscheinen lassen." Bonita ist das Opfer eines neuen soziologischen Phänomens, des busy nest syndromes: Scharenweise kehren die hauptsächlich männlichen Kinder wieder, in den Schoß ihrer Mütter zurück. Die Ursachen für den Hotel Mama˝-Strom sind unterschiedlich: Scheißkrise, böse Frauen, null Böckchen auf Erwachsensein. In einem Regionalblatt ist sogar von Eltern die Rede, die ihren 55-jährigen Sohn mit einem Kran aus ihrer Wohnung zwangsentfernen hatten lassen; der Papa wollte seinen Hobbyraum zurückhaben. "Ich bin doch keine Waschmaschine mit Herz!", zeterte Bonita weiter. ˝"Aber mit hervorragenden Kochkenntnissen", erklärte M trocken. Und Ms Tochter brachte Bonitas Barthaare zum Zittern: "Was geht mit euch Müttern eigentlich? Braucht man euch nicht, seid ihr beleidigt. Gibt man eurem Leben wieder einen Sinn, jammert ihr erst recht wieder." – "Wir sind eben nicht nur Mütter, sondern auch Frauen", seufzte Bonita und verabschiedete sich, weil der Tsunami nur einen Termin in seinem Leben wirklich ernst nahm: sein Abendessen.

polly.adler(at)kurier.at

www.pollyadler.at

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