Früchtchen des Zorns
"Er ist ekelhaft, geldgierig, rechthaberisch bis zum Anschlag, sadistisch, verfickt feig und sollte lebendig den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen werden. Oder eigentlich besser langsam von einer Anaconda erwürgt werden."
So zeterte Klaus Kinski über seinen großen Dompteur Werner Herzog. Noch heute kann man sich auf YouTube an den Ausbrüchen des Emotional-Anarchisten ergötzen. Diese Ausraster zeugen natürlich auch von einer großen Zärtlichkeit, die dieser freie Verhaltensradikale für seinen kongenialen Zwilling empfindet. Ich liebe ihn dafür. Es ist so prickelnd, im Zeitalter der Beckenrandschwimmer und Gefühls-Kandisinisten jemanden erleben zu dürfen, der sich in aller schmerzhaften Selbstverständlichkeit nichts scheißt. Ich werde weiter sehr hart daran arbeiten müssen, erfrischend unhöflich zu sein. Erste Schritte sind getan.
"Schätzchen, bevor du dich weiter quälst, deine Gedichte sind so grottenschlecht, dass die Kuh schreit", habe ich unlängst einem Freund, den ich sehr gern habe, geflüstert. Nicht aus Sadismus, sondern um diesen sinnlosen Weg nicht unnötig zu verlängern. Wahrscheinlich, nein sicher, gibt es ungefähr 127 Dinge, die dieser Mann besser kann. Aber dichten sollte er ausschließlich Wasserhähne. Lügen fressen einfach zu viel Zeit auf. Es ist nicht so, dass das erotische Angebot zur Zeit Anlass für enthusiastischen Optimismus gäbe, aber die, die äußerst verhalten mit den Hufen scharren, will ich sicher nicht.
Ab jetzt werfe ich denen auch nicht mehr so verbale Schaumrollen wie "Grad alles sehr eng, ich ruf dich nächste Woche wieder an" hin, sondern sage: " D-Day!" Dazu auch noch eine Erklärung: "D wie delete, lösch einfach meine Nummer, entlaste dein Handy." Klar macht man sich mit dieser Einstellung ziemlich wenig beste Freunde; aber die, die bleiben, sind für immer.
polly.adler(at)kurier.at
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