chaos DE LUXE: "Infusion on the rocks gefällig?"

"Du bist sterbenslangweilig", sagte mein Freund K und grinste mich im Rahmen seiner Kräfte an. Er hatte mein Du-musst-mehr-Obst-essen-es-wird-schon-wieder-Konversationgeschwafel sowas von über: " Polly, lass das, es ist unter deiner Würde." Dann wedelte er mit dem Plastikschlauch, der aus seiner Armbeuge hing: "Infusion on the rocks gefällig? Schließlich bist du hier, um mich aufzumuntern. Du stehst unter ziemlichem Zeitdruck: Ich werde nämlich bald sterben. Aber es hat auch Vorteile." Ich klappte kleinlaut den Brötchenkarton vom "Schwarzen Kameel" auf, den er sich gewünscht hatte: "Roomservice!" - Er fuhr durchaus heiter fort: "Eine Menge Vorteile. Ich werde nie wieder diese grauenhafte Kalbsbrust bei meiner Tante Emmi essen müssen. Ich bin posthum schuldenfrei wegen meiner vollsuprigen Ablebensversicherung. Erstmals seit der Volksschule! Und ich kann meinen zwei saugemeinen Ex-Frauen eins auswischen, weil mit mir auch ihr Unterhalt stirbt." - "Fantastisch!", konnte ich meine Tränen jetzt nicht mehr halten, "es könnte eigentlich kaum besser laufen." - "Vielleicht sollte ich doch wieder in die Kirche eintreten." - "Das ist egal", flüsterte ich ihm, "ich hab' das unlängst mit dem Dompfarrer ausverhandelt: Auch schlampige Ex-Katholiken haben eine Himmelchance, wenn sie ihre Mitmenschen nicht geärgert haben." - "Fallen Ex-Frauen auch unter Mitmenschen?", wollte er jetzt wissen. "In dem Fall sicher nicht", versprach ich ihm mit fester Stimme. Humor ist noch immer der beste Schaumgummi gegen die Angst. Jetzt umklammerte er meine Hand: "Dabei hatte ich noch so viele Pläne." - "Und weißt du, wie du Gott zum Lachen bringst?" Jetzt prustete er los: "Indem du ihm deine Pläne erzählst ?!" Die Stationsschwester lugte jetzt durch die Tür herein und verstand die Welt nicht mehr.