Meinung/Kolumnen/Chaosdeluxe

Ausgewachsene Männer in Wollmützen

P sah seine Zukunft jetzt so schwarz, dass er quasi als Unterstützung dunkle Sonnenbrillen aufsetzte.

Polly Adler
über seelische Verfassungen, in denen Ironie gefährlich wurde

Er zog sich sein graues Strickmützchen tief ins Gesicht und murmelte: „Wenn’s Oarsch ist, dann ist es sehr Oarsch.“ Es war jetzt wirklich nicht der Zeitpunkt zu fragen, warum ausgewachsene Männer in überheizten Räumen neuerdings Wollhauben tragen. Im Fall von Jude Law und Brad Pitt greift das Argument ja noch irgendwie, dass man damit die Paparazzi in die Irre zu führen gedenke. Aber P war in einer seelischen Verfassung, in der Ironie so gefährlich verletzend wie ein Tarantelstich werden könnte. Er hatte seine Kinder seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Teil des Rachefeldzugs seiner Ex, die er vor knapp einem Jahr endgültig verlassen hatte. Wegen einer Frau, die ihm letzte Woche erklärte, dass er sie jetzt nicht falsch verstehen möge, aber möglicherweise sei er doch nicht so der Richtige. Und ganz abgesehen davon wäre sie eigentlich noch nicht so richtig bereit für was ganz Fixes.

Wahrscheinlich war es jetzt auch nicht der geeignete Moment, P darauf aufmerksam zu machen, dass Frauen, die bei der Trennung der „ Spice Girls“ noch die Schulbank drückten, nicht als Sparring-Partner für erderschütternde Lebensumwälzungen taugen. P sah seine Zukunft jetzt so schwarz, dass er quasi als Unterstützung dunkle Sonnenbrillen aufsetzte. Ich hatte keinen Trost im Handgepäck, denn ich brauchte mein ganzes Reservoir für meine eigene kleine Jänner-Depression.

So erzählte ich ihm nur die Geschichte von Jack Nicholson, der bei einem Interview in einem abgedunkelten Raum auch so ein Teil aufhatte. Als ich den großen Jack schüchtern ersucht hatte, sie doch abzunehmen, um die Gesprächssituation ein wenig aufzulockern, merkte der nur müde an: „Mit Sonnenbrille bin ich Jack Nicholson, ohne nur ein hässlicher, alter Mann.“ Doch auch dieses Anekdötchen fand P – komischerweise – gar nicht lustig.

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polly.adler@kurier.at

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