Meinung/Kolumnen/chaos DE LUXE

Signale von Gewaltbereitschaft

Der Theken-Cerberus verweigerte trotz Signalisierung von Gewaltbereitschaft jeden Service.

Polly Adler
über alles was schief gehen kann

M hatte Karten für die Sedaris-Lesung gebucht. Wir sind nämlich Fans von äffischer Hingabe. Vorgestern war sie jedoch in der Piss-Pfütze des Nachbarinnen-Mopses ausgerutscht. Unter Wehgeschrei schickte sie mir die Karten per Mail. Man konnte sie nicht ausdrucken, aber ich hatte sie ja auf dem Handy. In exakt dem Moment stürzte meine digitale Nabelschnur auf Nimmerwiedersehen ab. Selbst der Computer-Doc meines Vertrauens, um den ich mich in der Sekunde wie ein Python zurrte, blieb ratlos. Wie sollte ich jetzt N, den Ersatzfan, finden, denn wir wollten uns prä-Sedaris am Karmelitermarkt treffen? Wenn man es eilig hat, ist der Karmelitermarkt groß. Erst beim zehnten Lokal, einem von einem mürrischen Chinesen geführten Schnellimbiss, saß sie, entsprechend genervt. Auch weil dort die Küche kalt blieb, defekte Gasleitung. Wir warfen uns in den Verkehr, der sich aber sehr bald zum Totalstau verdichtete. Also die Karre parken und im Galopp durch den Stadtpark. Währenddessen fantasierten wir von Sportgummis! Rumkugeln! Spritzern! Mit der Zunge am Boden gelangten wir endlich auf die Höhe des Gartenbau-Kinos. Doch circa 12.000 Nightrunner wollten uns unseren Formulier-Gott nicht gönnen. Torpediert von Fluchsalven schlängelten wir uns über den Ring. Ab zum Kino-Buffet: Der Theken-Cerberus verweigerte trotz Signalisierung von Gewaltbereitschaft jeden Service, das Management von Sedaris hätte Ess-und Trinkverbot während der Vorstellung verhängt. „Aber die Bücher dieser Spaßbremse dürfen wir dann schon kaufen?“, krächzten wir und schleppten uns in den Saal. Sedaris war so klein, dass seine Nase kaum über das Podium ragte. Was uns aber gar nicht soviel ausmachte, denn erschöpft von all dem Irrsinn entschlummerten wir bald und flüsterten nur noch: „Wir wollten Geschichten von Sedaris hören, uns aber bitte nicht wie in einer Sedaris-Geschichte fühlen.“

"Breakfast at Polly's" am 8. Oktober um 11 Uhr im Wiener Rabenhoftheater. Mit Petra Morzé, Andrea Händler, Sona MacDonald; Karten unter www.rabenhof.at.

www.pollyadler.at
polly.adler@kurier.at