Freundschaft ist kein Abo
Von Polly Adler
Da wir beide zu zügellosem Hedonismus neigen, diesmal ein affiger grüner Tee um fünf in einer Bobo-Hütte. Es stand ja gerade Regeneration auf dem Kalender. Als die Servier-Elfe einen Roman zu dessen Ernteverfahren runter-beten wollte, unterbrach mein Freund K: „Ich will nicht wissen, ob die Plantagenarbeiter fair entlohnt wurden, bringen Sie einfach den Tee.“ – „Was ist los mit dir?“ – „Ich muss heute einen Freund treffen. Das ist mir bereits jetzt so fad, dass ich abartig grantig bin.“ – „Warum triffst du ihn dann?“- „Wir kennen uns schon so lange ...“ – „Sehr öder Grund ...“ – „Es gibt Freunde, die schleppt man einfach durchs Leben ...“ – „Verbindet euch irgendwas?“ – „Null! Er zeigt mir ununterbrochen Fotos von seinem Pferd und seiner diesem Tier nicht unähnlichen Frau.“ – „Du bist grausam.“ – „Nein, Realist.“ – „Sag ab.“ – „Ich hab dieses Treffen schon drei Mal verschoben.“ – „Da Zeit unser größtes Kapital ist, sag ihm die Wahrheit. “ – „Wie jetzt? Alter, du bist so beigegrau, dass ich es berauschender fände, meine Steuer vorzubereiten, als hier deinen Pferde-Anekdoten zu lauschen?“ – „Nicht so drastisch. Sag einfach, was du bei einem Beziehungs-Finale so von dir gibst ...“ – „Es war eine irrsinnig tolle Zeit, du bist ein ganz wichtiger Mensch ... ich gerade nicht so gut drauf und niemandem zumutbar ... aber du hast immer einen Platz in meinem Herzen. Diese Nummer?“ – „In der Art. Allerdings ohne den Klassiker: ,Lass uns Freunde bleiben’.“ – „Das wäre ja in diesem Fall echt kontraproduktiv.“ Nach einem Biss in was Glutenfreies sagte er: „Theoretisch ein teuflisch guter Plan, aber praktisch mir nicht zumutbar. Verlogenheit ist einfach ein so verdammt brauchbares soziales Gleitmittel.“ – „Aber auch ein solcher Zeitfresser.“