Der Fluch der Angenehmen
Von Polly Adler
Wo sind all die Männer hin, wo sind sie geblieben?
über interessante Frauen
Da stand er der Satz, wie ein Mahnmal. „Die Weiber haben nicht interessant zu sein, sondern angenehm.“ Irgendwo im Arthur-Schnitzler-Land war ich über ihn gestolpert. Bingo! Der analytische Meister im Krisengebiet der Liebe hatte es wieder auf den Punkt gebracht. Das war das Ende der Rätselrallye. Danke, Arthur. Denn viele meiner Freundinnen, allesamt Prachtweiber, deren Aszendent Checkerin heißt und die voll Elan, Witz und Enthusiasmus durch ihre Existenz brettern, stellen sich die Frage, die die Dietrich in so schöne Töne gekleidet hatte: „Wo sind all die Männer hin, wo sind sie geblieben?“ Ganz klar: Meine Schwestern im Geiste fallen nicht in die Neigungsgruppe „Angenehm“, im Hauptgegenstand Gefügigkeit kriegen wir allenfalls ein „Du könntest es besser“ ins Mitteilungsheft gekritzelt. Wir sind also interessant und interessant ist in der Männerwelt 45plus nichts anderes als die Umschreibung für mühsam, kompliziert und anstrengend. Vor allem jene Herren, die in früheren jungen Jahren durchaus emotionale Schlachten in der Diven-Liga geschlagen und auch immer wieder mit zerbröselten Herzen zurückgelassen wurden, haben es sich längst in dieser Komfort-Zone gemütlich gemacht. Sie wollen Rindfleisch mit Semmelkren anstelle von Marathon-Liebesakten im Nachtzug nach Venedig. Ein frisch gebügeltes Leben eben ohne größeren Herausforderungs-Katalog, Hochblickerinnen, die sie unter keinen Zugzwang stellen. „Und was jetzt?“, fragte F, „ich bin zu alt, um angenehm zu werden. Soll ich jetzt aus der sexuellen Marktwirtschaft austreten?“ – „Niemals“, brüllte P, deren Röcke mit den Jahren immer kürzer wurden, „jetzt gilt es einmal, den ersten Schwung der frisch gebackenen Witwer abzuwarten!“ – „Keinen Bock auf Pflegefälle“, knurrte F, „da mach’ ich lieber in Entwicklungshilfe. Unter einem Jahrzehnt jünger braucht mir keiner mehr kommen.“
Frauen! Man könnt' sie nicht erfinden.
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