Das Leben, ein Popsong
Von Polly Adler
Als ich ihn unlängst wieder hörte, den längsten Song der Pop-Geschichte, dachte ich, dass so ein Hirn eine fantastische Assoziationsmaschine ist. Denn in der Sekunde, als Dylan seinem Weltschmerzmonopol Stimme gab („How does it feel, to be on your own, with no direction home?“), hatte ich folgende Bilder im Kopf : „Like A Rolling Stone“, heiße 14, orangener Plattenspieler mit Münzen auf dem hüpfenden Tonarm, der Vater brüllte „Kann man endlich das Gejeiere von diesem Ziegenhirten abschalten?“ Nein, konnte man nicht. Ich hatte gerade in Liebesangelegenheiten zu hoch gepokert und war mit zwei Jungs in denselben Eissalon gestochen. Dieses Amateurverhalten hatten die als schweres Charakterdefizit ausgelegt und mich beide verhandlungsfrei fallen gelassen. Überhaupt lassen sich die besten, schlimmsten, merk- und denkwürdigsten Momente so einer Biografie am einprägsamsten an Liedgut festzurren. Wenn ich „Why“ von Annie Lennox höre, muss ich an Herrn Hölzel denken. Er hatte der damals führerscheinlosen Reporterin eine Mitfahrgelegenheit von Gars nach Wien in Aussicht gestellt, war aber dann so müde von der Jause, dass er sich in einem Stammwirtshaus in zehnminütiger Distanz von seiner Villa einmal auf der Stubenbank hinlegen musste. Im Auto drehte sich damals in der Endlosschleife Frau Lennox’ Frage nach dem Warum. Wann immer diese Nummer aus einem Lautsprecher dröhnt, habe ich das Bild des pennenden Künstlers vor Augen, der sich meinen Tadel „Oida, a anständiger Popstar hat einfach einen Chauffeur“ später dann doch zu Herzen nehmen sollte. Leider nicht in der DomRep. Was mir sonst noch zu den Talking Heads, Otis Redding, Les Négresses Vertes, den Babyshambles, Stereo Total und Nouvelle Vague einfällt, muss ich Ihnen leider ein anderes Mal erzählen.