Pickerl-Wahn und Euro-Rettung
Von Anita Staudacher
Es gibt Dinge im Leben, die gehen gar nicht, sind quasi ungeschriebenes Gesetz: Über kniehohes Gras zu trampeln, wenn später die Wiese gemäht wird; den Christbaum erst nach dem Lichtmess-Tag (2. 2.) abzuräumen; beim Ankick der Fußball-EM noch Lücken im Panini-Pickerl-Album zu haben.Was? Erst 421 von 540 Aufklebern eingepickt, dafür 1033 Doppelte? Heuer ist der Frust der Paninisti besonders arg, hat doch die gewitzte italienische Herstellerfirma die Unter- und Überproduktion einzelner Nummern scheinbar äußerst gewinnbringend dosiert. Was Panini freilich heftig dementiert.20 Millionen violette Briefchen mit je fünf Fußball-Pickerln sollen heuer allein in Österreich verkauft werden, sogar 39 Millionen waren es bei der Heim-EM 2008. Bei 40 Ländern, in denen die billig hergestellten Abzieh-Bildchen zu kaufen sind, ein schönes Salär. Kein Wunder, dass Handelsketten und Boulevardblätter als Nachahmungstäter allerlei Getier einsackeln, um schon die Kleinsten bei der Sammelwut und ihre Eltern bei der Geldbörse zu packen.Kaum zu glauben, dass die Politik diese Urinstinkte des Menschen noch nicht für sich genutzt hat – um etwa die langsam nervende Eurokrise zu lindern. Vorschlag an die Brüsseler Bürokraten: Macht doch ein buntes Euro-Rettungs-Sammelalbum mit den Konterfeis der Spitzenpolitiker, nationalen Berühmtheiten, Sehenswürdigkeiten und früheren Währungen der Euroländer.
1000 Bilder, jeweils fünf im EU-Logo-verzierten Sackerl, für zwei Euro. "Tausche drei Werner Faymanns gegen einen Manneken Pis", könnte es dann in Tauschbörsen heißen. Die Drachme, Pickerl-Nummer 247, müsste wohl verknappt werden, um deren Wert zu steigern.Für das nächste Euro-Rettungspaket käme mit dieser Gemeinsamkeit-stiftenden EU-Sammelaktion sicher einiges zusammen.Anita Staudacher ist Redakteurin im KURIER-Wirtschaftsressort.