Die Murmelbahn
es wird viel billiges Klumpert verkauft
über die Weihnachtsmarkt-Saison
Werken war nie meine Stärke. Wobei, das ist noch untertrieben. In Wahrheit bin ich ein Laubsägeblatt-Zerstörer, Uhu-Herumpatzer und ein selbst auf kurzen Distanzen gefürchteter Schiefschneider. Grafologen würden meine Skizzen vermutlich den Felsenmalereien von Kondoa zuordnen.
Deshalb tut es mir auch heute noch für Herrn Mag.art. K. leid, dass er mich im Gymnasium ertragen musste. Er: Ein Absolvent der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, Mitglied des Künstlerbundes, Vizepräsident der niederösterreichischen Kunstvereine, ein preisgekrönter St.Pöltener und vor allem ein hervorragender Lehrer.
Ich: Der verstoßene Bruder MacGyvers.
Mag.art. K. wird damals geahnt haben, dass die von ihm geforderte Murmelbahn aus Karton zu meinem ganz persönlichen Waterloo werden sollte. Während Mitschüler mit flinken Fingern Bahnen durch das Klassenzimmer legten, saß ich vor einem schiefen Türmchen. Nichts hielt, nichts rollte.Gute Bekannte waren es schließlich, die mich vor einer schulischen Ehrenrunde retteten. Sie absolvierten eine Nachtschicht im elterlichen Keller, um mir eine Murmelbahn zu bauen, die alle Stückerl spielte.
Meinem Lehrer danke ich dafür, dass er das Werk mir zurechnete. Ich glaube allerdings, dass er sich damit einfach die Schmach eines Sitzenbleibers und somit einen zweifelhaften Eintrag in die Schulhistorie ersparen wollte.
Das alles mag auch der Grund dafür sein, dass ich jene Menschen bewundere, die mit ihren Händen wundervolle Dinge erschaffen. Tischler, Schmiede, Holzschnitzer, Uhrmacher, Zimmerer, Fliesenleger – ich habe größten Respekt vor ihnen.Und diese Menschen, die ihr Handwerk so gut verstehen, haben mich zum Start der Weihnachtsmarkt-Saison gebeten, Folgendes zu schreiben: Teile doch dem einen oder anderen Veranstalter mit, wie sehr es uns ärgert, dass unterm Christbaum noch immer so viel billiges Klumpert aus fernen Ländern verkauft wird.Hiermit erledigt.
eMail: johannes.weichhart@kurier.at