Brüder im Geiste
Am Geld kann es nicht liegen
Eine Bewegung für Sitzgelegenheiten
Sollten Sie die sportlichen Höchstleistungen der Athleten bei den Olympischen Spielen in Rio bewundert haben, dann darf ich Ihnen etwas verraten: Auch ich verfüge über Talente, leider gibt es dafür aber noch keine eigenen Disziplinen.
Ich kann, Sie werden es kaum glauben, an Schaufensterpuppen angelehnt unauffällig dahindösen. Oder die Ecken von Verkaufstischen so zum bequemen Sitzen nutzen, dass sich diese Methode schon in Fakirkreisen herumgesprochen haben soll. Zudem kann ich in Geschäften in Sekundenschnelle jene Treppchen ausfindig machen, die normalerweise von Verkäufern genutzt werden. Für mich dienen sie als Schemel, um nicht die ganze Zeit stehen zu müssen.
Ich habe mir diese Fähigkeiten angeeignet, um als Begleiter bei langen Einkaufstouren nicht vor Erschöpfung zusammenzubrechen. Denn es gibt Modehäuser, die verzichten auf Sitzgelegenheiten. Warum weiß ich nicht. Am Geld kann es nicht liegen. Der Textil-Konzern mit den zwei Buchstaben etwa, hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von mehr als 22 Milliarden Euro gemacht. Ist es da nicht drin, in jede der 4000 Filialen eine Couch reinzustellen? Selbiges gilt übrigens auch für die spanische Kette, die ein bisschen so klingt wie Zorro. Also fast.
Sie werden jetzt kopfschüttelnd die Frage stellen: Warum gesellt er sich nicht zu den traurigen Gestalten, die vor den Geschäften herumstehen, um dort fadisiert auf ihre Liebsten zu warten? Weil mir die Fragerei ("Host an Tschick?" bzw. "Hallo du! Hast vielleicht fünf Minuten Zeit für die Umwelt?") auf den Einkaufsstraßen schon auf die Nerven geht.
Wenn Sie wollen, dann starte ich mit Ihrer Unterstützung eine neue Bewegung, die sich für Sitzmöglichkeiten in jenen Shops einsetzt, in denen wir immer wieder viel Zeit verbringen. Alle Mails, die Sie mir schicken, werden ich an die jeweiligen Pressestellen weiterleiten. Ich bin mir sicher, dass es bei diesem Thema ein paar Brüder im Geiste gibt.
Wäre doch gelacht, wenn wir dieses Erste-Welt-Problem nicht lösen können.
eMail: johannes.weichhart@kurier.at