Meinung

Und jetzt erst recht ein blauer Kanzler?

Wer immer in der Hofburg sitzt: Die FPÖ wirft sich vorsorglich schon in Opferpose

Josef Votzi
über die Hofburgwahl

In der weiten Welt des Internets hat sich die FPÖ bereits erfolgreich breitgemacht. Heinz-Christian Straches Facebook-Seite ist mit 350.000 Abonnenten das mit Abstand beliebteste Online-Angebot eines heimischen Politikers.

Jetzt setzen die Blauen auch im Straßenbild ein Zeichen des neuen Selbstbewusstseins: Wir sind wieder wer. Gestern, Sonntag, hingen an auffällig vielen Ecken Wiens Zeitungstaschen mit der jüngsten Ausgabe des FPÖ-nahen Kampfblatts Zur Zeit. Herausgeber sind der ehemalige FPÖ-EU-Abgeordnete Andreas Mölzer und der einstige FPÖ-Vormann in der ORF-Chefredaktion, Walter Seledec.

Herausgeber Andreas Mölzer, langjähriger Chefideologe der FPÖ, bejubelt schon vorab die neue Ära, die mit einem Wahlsieg Norbert Hofers eingeleitet werde: "Mehr Einsatz für die autochthone Bevölkerung (...) und eine Abkehr von der Pflicht-Xenophilie der Gutmenschen." Die Begleitmusik für diesen "politischen Paradigmenwechsel", den Mölzer ausruft, verheißt: Die FPÖ setzt darauf, das Land noch mehr zu spalten. Andreas Mölzer proklamiert in Zur Zeit – und das ist neu in der politischen Arena – erstmals offen den Klassenkampf der Sozialhilfeempfänger: "Eine verelendende autochthone Bevölkerung sieht sich dem Druck wachsender Zuwanderergruppierungen gegenüber, die ebenso nahezu ausschließlich von staatlichen Transferleistungen leben."

Dank dieser brutalen Zuspitzung sieht Mölzer seinen Parteichef schon demnächst im Kanzleramt: Diesmal nicht mehr "als Juniorpartner" wie 2000, sondern "als dominante politische Kraft".

Die Stimmungsmache im FPÖ-nahen Kampfblatt machte schon vorm Wahltag sichtbar: Knapp unter fünfzig oder doch mehr als fünfzig Prozent für Norbert Hofer – für die FPÖ bleibt die Hofburg-Wahl nur der Auftakt zum endgültigen Griff nach der Macht in Österreich. Denn eines steht schon vor dem erst heute Montag endgültigen Wahlergebnis fest:

Die FPÖ wird je nach Wahlausgang ihre Propaganda-Maschine auf Knopfdruck umstellen. Wird die Hofburg doch noch zur Hofer-Burg, lautet die Parole: Trotz allem Nr. 1 – und jetzt auch noch den Kanzler.

Bleibt Hofer Zweiter, wird FPÖ-Mastermind Herbert Kickl ein Propagandafeuer gegen die "Staatskünstler", Medien und generell gegen das Establishment entfachen, die den Volks-Präsidenten verhindert hätten. Und umgehend den Wahlkampf neu eröffnen: Jetzt erst recht Kanzler Strache.