Meinung

Großkoalitionäre Tauschbörse

Es ist leider zu befürchten, dass sich SPÖ und ÖVP zu einem „Old Deal“ hinreißen haben lassen.

Stefan Kaltenbrunner
über die SPÖ/ÖVP Tauschbörse

Während kurz vor dem Anpfiff der Europameisterschaft eingefleischte Fans noch schnell ihre Panini-Pickerl tauschen, übt sich die große Koalition womöglich in ganz anderen Tauschgeschäften. Die skurrile Wahl der neuen Rechnungshofpräsidentin lässt vermuten, dass sich SPÖ und ÖVP zu einem großkoalitionären „Old Deal“ der üblichen Art hinreißen haben lassen. Dass die SPÖ den eigenen Kandidaten, der nur so nebenbei beim Hearing den besten Eindruck hinterlassen hat, fallen hat lassen, um die weniger qualifizierte ÖVP-Kandidaten im zweiten Wahlgang zu wählen, nur damit sie eine FPÖ/ÖVP Kandidatin verhindern, lässt zweierlei vermuten.

Entweder haben sich die Roten nach Strich und Faden über den Tisch ziehen lassen, oder es läuft im Hintergrund eben eine ganz andere Vereinbarung. Und die könnte um im Panini-Duktus zu bleiben lauten: Tausche Rechnungshofpräsident gegen ORF-Generaldirektor. Am 9. August wird der neue TV-Chef gewählt, dass der rote Alexander Wrabetz sich wieder zur Wahl stellen wird, dürfte relativ fix sein. Bislang wurde darauf spekuliert, dass sich der schwarze Finanzdirektor Richard Grasl als Gegenkandidat aufstellen lässt.

Wie man aus roten und schwarzen Kreisen hört, könnte die Gegenkandidatur jetzt vom Tisch sein, man sei nicht unzufrieden. Dass man sich gegenseitig derzeit eine Reihe von Unfreundlichkeiten ausrichtet, gehöre halt zum Spiel. Sollte das Tauschgeschäft tatsächlich so über die Bühne gehen, wäre das natürlich ein unwürdiges Polit-Schauspiel der alten Schule. Und das passt sogar nicht zum angekündigten „Neuen Stil“ des neuen Kanzlers und würde ihn ziemlich alt aussehen lassen.