Meinung/Gastkommentar

Niedrigsteuerland für Superreiche

Unser Steuersystem basiert auf dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit: Wer mehr hat, kann mehr beitragen. Je mehr Gehalt, desto höher der Steuersatz. So weit die Theorie. Doch in der Realität sind wir ein Hochsteuerland für Menschen mit mittleren und geringen Einkommen: Die zahlen im internationalen Vergleich mitunter die höchsten Steuern und Abgaben auf ihr Arbeitseinkommen: fast 80 von 100 Euro aller Steuereinnahmen kommen aus Arbeit und Konsum.

Wenn wir aber den gesamten steuerlichen Beitrag von Überreichen anschauen, ist Österreich ein echtes Niedrigsteuerland. Nur 6 von 100 Euro kommen aus Steuern auf Unternehmensgewinne. Trotzdem werden Unternehmensteuern laufend gesenkt. Erst heuer wieder um einen Prozentpunkt. Bis zu einer Milliarde Euro weniger Steuerbeitrag von den Besitzern der größten Konzerne des Landes. Auch vermögensbezogene Steuern sind minimal: Nur 4 von 100 Euro werden aus Vermögen finanziert.

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Kaum ein anderes Land der EU besteuert Arbeit stärker und Vermögen geringer als Österreich. Das hat Konsequenzen, wie jüngst auch die Europäische Zentralbank bestätigt hat. Österreich gehört zu nur drei Ländern der Eurozone, in denen die reichsten fünf Prozent mehr Nettovermögen besitzen als die gesamte weniger wohlhabende Hälfte der Bevölkerung. 4 Millionen Haushalte in Österreich besitzen nur 4,6 Prozent des gesamten Vermögens hierzulande. Eine aktuelle Studie des Momentum Instituts zeigt: Eine Durchschnittsfamilie in Österreich trägt von ihrem Brutto-Einkommen rund 42 Prozent als Steuern und Abgaben zu unserem gemeinsamen Staatshaushalt bei. Ein durchschnittlicher Millionärshaushalt hingegen nur rund 30 Prozent. Auch in Deutschland tragen sehr Vermögende weniger bei als der Durchschnitt. Der Grund: Während das Arbeitseinkommen progressiv besteuert wird – also je höher das Einkommen, desto höher der Steuersatz – werden Unternehmensgewinne und Kapitalerträge (wie Ausschüttungen aus Firmen oder der Verkauf von Aktien) mit einem einheitlichen, niedrigeren Satz besteuert. Der durchschnittliche Steuersatz eines Muster-Milliardärs liegt sogar noch niedriger bei nur mehr 26 Prozent. Der Steuerbeitrag eines Milliardärs liegt also weit unter jenem der Durchschnittsfamilie – und entspricht weniger als der Hälfte des Einkommen-Spitzensteuersatzes von 55 Prozent.

Zusätzlich können die Steuersätze dank Stiftungen und Holding-Strukturen noch weiter – und völlig legal – „optimiert“ also reduziert werden. Dass Reiche so wenig beitragen, ist die Konsequenz politischer Entscheidungen. Der Anteil der Vermögensteuern an den gesamten Steuereinnahmen der Republik ist seit den 60er-Jahren immer weiter gesunken.

Ausgerechnet die Schweiz besteuert Vermögende stärker. Zusammen mit der Steuer auf das Kapital der Unternehmen trägt die Vermögensteuer knapp 7 Prozent zum Steueraufkommen bei. Ein weiteres Prozent kommt über Erbschaftsteuern dazu. In Österreich könnte eine Vermögensteuer laut zirkulierenden Modellen etwa 5 Milliarden Euro jährlich bringen. Eine Menge Geld, die wir in den Ausbau des Sozialstaats und in den Klimaschutz stecken könnten.

Barbara Blaha leitet das ökosoziale gewerkschaftsnahe Momentum Institut.