Meinung/Gastkommentar

Mit Grundlagenforschung zurück in die Wachstumsspur

Bei Löhnen, Abgaben und Energiepreisen liegt Österreich im internationalen Spitzenfeld, beim Wirtschaftswachstum hält es derzeit nur knapp vor Estland die rote Laterne in der EU. Um Wettbewerbsfähigkeit und Dynamik zurückzugewinnen, führt kein Weg daran vorbei, noch konsequenter als bisher auf Technologieführerschaft zu setzen. Dabei sind Forschungs- und Innovationsaktivitäten das Um und Auf. Was kann die Politik tun, wenn die öffentlichen Kassen leer sind?

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Ein Sparpaket nach der Rasenmäher-Methode ist in der anstehenden Budgetkonsolidierung nicht die richtige Antwort. Im Gegenteil, es muss klug priorisiert werden. Programme, die die Saat für zukünftiges Wachstum säen und damit die Basis für einen langfristigen Aufschwung bilden können, sollten nicht gekürzt werden. Im Gegenteil. Ausgaben, die sowohl kurzfristig konjunkturstimulierend wirken als auch längerfristig Innovation stärken, sollten trotz knapper Kassen sogar ausgebaut werden.

Eine neue WIFO-Studie in Kooperation mit IHS und Joanneum Research zeigt: Die im Wettbewerb vergebenen Projektfinanzierungen des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) rechnen sich. Sie weisen einen hohen Selbstfinanzierungsgrad auf und haben zur wirtschaftlichen Umsetzung von Spitzenforschungsergebnissen beigetragen. Mehrere Start-ups in Schlüsseltechnologien wie Quantencomputer, 3-D Druck oder Biotechnologie bauen direkt auf den Ergebnissen aus der Grundlagenforschung auf. Sie werden in der Entwicklung marktfähiger Produkte weiter von Förderungen der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und der Austria Wirtschaftsservice (AWS) unterstützt. Dieses Muster könnte auch für das Aufholen bei künstlicher Intelligenz zum Tragen kommen. Eine stärker wettbewerbliche Verteilung kann die Wirkung knapper Mittel gegenüber breit gestreuten Basisfinanzierungen von Hochschulen erhöhen. Ihr Anteil an der Hochschulfinanzierung ist in Österreich niedrig.

Start-ups aus der Spitzengrundlagenforschung könnten den nötigen Strukturwandel in Österreich noch breiter antreiben. Dafür braucht es aber auch mehr privates Risikokapital. Dieses ist im internationalen Vergleich in Österreich besonders knapp und auch in der EU nicht gerade reichlich verfügbar: Der Draghi-Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU schlägt eine Änderung von EU-Direktiven vor, um z. B. Pensionsfonds besser motivieren zu können, mehr in Risikokapital-Fonds zu investieren. Aber selbst innerhalb des bestehenden EU-rechtlichen Rahmens könnte Österreich Schritte setzen, um mehr privates Kapital für Innovationsfinanzierung zu gewinnen. Schweden, ein anderes kleines, exportoffenes Land der EU, wird als Musterbeispiel gesehen, um Mittel der betrieblichen und privaten Pensionsvorsorge für Innovation zu nutzen. Der Rückgriff auf internationale Best-Practice-Modelle könnte die Konsensfindung in den laufenden Regierungsverhandlungen bei strittigen Punkten erleichtern.

Gabriel Felbermayr ist Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung WIFO und Professor an der WU Wien.

Jürgen Janger ist Senior Economist am WIFO, koordiniert die Forschungsgruppe Industrie-, Innovations- und internationale Ökonomie.