Fünf Jahre Schweigen
Es war einer dieser sommerlichen Sonntage vor fünf Jahren in Malta. Sie postete einen Blogeintrag, verließ ihr Haus, stieg in ihr Auto und nach ein paar Metern geschah es. Die Explosion hallte über die gesamte Insel. Die Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia war tot. Dieser schicksalhafte Tag hat die Malteserinnen und Malteser wachgerüttelt. Ein sozialistischer Premierminister Maltas und zwei seiner Minister mussten bereits zurücktreten.
Unter der Regierung der Sozialisten ist Malta zu einem strukturellen Problem für die Rechtsstaatlichkeit in Europa geworden. Familie und Freunde des Mordopfers, Malta und Europa warten seither auf Antworten. Auch wenn nun pünktlich zum Jahrestag zwei weitere Täter verurteilt wurden, werden die Verfahren gegen andere mutmaßliche Täter und Drahtzieher durch Störmanöver verschleppt.
Nach fünf Jahren wissen wir immer noch nicht mehr über die Ermittlungen und die Verwicklung maltesischer Politiker. Wir wissen nicht, ob die maltesische Polizei das Mobiltelefon und den Computer des stellvertretenden Polizeichefs von Malta beschlagnahmt hat, der angeblich Informationen über die Ermittlungen direkt an den Mörder weitergegeben hat. Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament versuchen, die maltesische Regierung zu decken. Das Schweigen ist ohrenbetäubend, denn offene Fragen, Wahrheit und Gerechtigkeit bleiben im Dunklen. Es stellt sich die heikle Frage der Straffreiheit auf höchster Ebene. Im Laufe der Jahre enthüllte Caruana Galizia einen Berg von Beweisen für die Korruption des ehemaligen maltesischen sozialistischen Premiers Joseph Muscat, seines Stabschefs Keith Schembri und seines ranghohen Ministers Konrad Mizzi. Und doch scheinen sie immer noch ihren Geschäften nachzugehen, es gab keine einzige strafrechtliche Verfolgung.
Vor mehr als einem Jahr ergab eine unabhängige Untersuchung in Malta, dass der Staat selbst für die Ermordung der Journalistin verantwortlich ist. Ein solcher Staat verstößt per Definition in schwerwiegender Weise gegen die Rechtsstaatlichkeit, die als Grundwert der Europäischen Union im EU-Vertrag verankert ist. Doch ist der EU-Mitgliedsstaat Malta weit davon entfernt, Verantwortung zu übernehmen. Die Regierung ergriff keine sinnvollen Maßnahmen, um die Empfehlungen der Untersuchung umzusetzen.
Wie können wir da wegschauen und welche Rolle spielen die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament? Fühlen sie sich wohl mit der maltesischen Sozialistischen Partei in ihrer Mitte? Wann äußerte sich der sozialdemokratische Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans zuletzt dazu? Als die Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion, Iratxe Gárcia Pérez, kürzlich nach Malta reiste, erwähnte sie Daphne Caruana Galizia mit keinem Wort, als sie neben Premierminister Abela stand. Die Europäische Volkspartei im Europaparlament wird sich weiter für Gerechtigkeit für Daphne einsetzen und die Straffreiheit in Malta ein für alle Mal beenden.
Deshalb werden wir nicht müde, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen. So lange, wie es nötig ist, um Gerechtigkeit für Daphne Caruana Galizia zu erreichen.
Lukas Mandl ist ÖVP-Sprecher für Außenpolitik, Inneres und Justiz im Europaparlament.
Manfred Weber ist Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei im Europaparlament.