Befördert Babler Türkis-Blau?
Das peinliche Spektakel um die Stimmenauszählung, wer nun eigentlich neuer SPÖ-Chef ist, tritt aufgrund neuer Schlagzeilen allmählich in den Hintergrund. Genauso die Tatsache, dass die viel gelobte Basisdemokratie (Mitgliederbefragung) durch die Parteifunktionäre (Bundesparteitag) ausgehebelt wurde und dann ein anderes Abstimmungsergebnis ergab.
Der neue Parteichef hat in einer Serie von Interviews ein Ablenkungsmanöver gestartet, das aber ebenfalls viel Wirbel mit nachhaltigen Folgen erzeugt hat, die für eine stabile SPÖ, die für das Land notwendig wäre, nicht gut sind. Forderungen nach einer Enteignungssteuer (vornehm Vermögenssteuer genannt) und die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe, wie sie der frühere Sozialminister Dallinger in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gefordert hat und die noch in keinem Land der Welt so eingeführt wurde, weil die Realität einfach stärker ist als die Ideologie. Ferner die 32-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich.
Diese Forderungen sind für einen ideologisch-marxistisch geprägten Sozialdemokraten durchaus nicht außergewöhnlich. Auch ein Rechtsanspruch auf einen Arbeitsplatz, eine Leerstandsabgabe für Wohnungen, Sanktionen für Unternehmen, die eine Gehaltstransparenz nicht einhalten - all das mag auf einem sozialdemokratischen Parteitag Begeisterung auslösen. Aber hat Babler nicht noch ein anderes Ziel? Stimmt. Er will Bundeskanzler werden.
Die Frage ist nur, mithilfe welcher Partei. Auch wenn er nicht, wie sein Parteikollege Hergovich aus Niederösterreich damit gedroht hat, sich die Hand abzuhacken, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden, so hat er doch eine Enteignungssteuer als Koalitionsbedingung genannt. Allein damit scheiden wohl ÖVP und Neos als Partner aus. Dabei gäbe es so viel an gemeinsamen Interessen, wie vor allem die Stärkung der Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes, und damit von Arbeitsplätzen, Einkommen und sozialer Sicherheit. Notwendig sind dazu ein Abbau der überbordenden Bürokratie, Hebung der Effizienz der staatlichen Leistungen, Bewältigung der Herausforderungen durch den Arbeitskräftemangel, die notwendigen Strukturreformen im Pensions- und Gesundheitsbereich sowie steuerliche Entlastungen und Vereinfachung des Steuerrechts.
Ob sich Babler wirklich bewusst ist, dass er mit seinen Forderungen die Tür für Türkis-Blau aufmacht, ist nicht bekannt. Allerdings hat Hergovich in Niederösterreich schon vorgezeigt, dass dies funktioniert. Daher mögen sich alle Trauerzüge, wie sie vor einigen Tagen in Salzburg nach der Angelobung von Türkis-Blau durch die Stadt gezogen sind, geistig darauf vorbereiten, vor der SPÖ-Zentrale in Wien ihre Empörungskultur gegen Türkis-Blau auszuleben, wenn es dazu dank Babler kommt.
Günter Stummvoll, ehemaliger Nationalratsabgeordneter der ÖVP und Staatssekretär, ist Sprecher der Initiative Standort