Aus für Sobieski-Denkmal zur Türkenbelagerung: Erinnerungskultur à la DDR
Der polnische König Jan Sobieski bekommt also kein Denkmal am Kahlenberg. Er muss sich mit dem Sockel begnügen. Offensichtlich waren bei der Entscheidungsfindung von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler zu viele Politstrategen im Raum und zu wenig wirkliche Historiker.
Alle historischen Fakten liegen am Tisch. Man muss kein Pole sein, um zu erkennen, dass der 12. September 1683 ein europäischer Schicksalstag war. Wie jede Entscheidung steht und fällt es mit der Begründung: Weil das geplante Denkmal „rassistisch“ und „türkenfeindlich“ sei. Ein idealer Aufmarschplatz und Gedenkort für Ewiggestrige. Meint sie damit auch das Denkmal für Che Guevara, wo sich ewiggestrige Marxisten ihr Stelldichein geben? Kann sein.
Das Denkmal für den Polenkönig würde überholte Geschichtsnarrative bedienen und niedere Instinkte ansprechen. Diese wiederum wären geeignet, Minderheiten zu diskriminieren. Meint sie damit etwa die Präsenz des sozialdemokratischen Eugenikers Julius Tandler im Wiener Stadtbild? Möglicherweise. Immerhin befürwortete der ohne Frage bedeutende Anatom die Sterilisation von „Schwachsinnigen“, Alkoholikern und sonstiger „Minderheiten“, die der „Volkshygiene“ im Wege standen.
Die Aufgabe von Erinnerungskultur besteht nicht darin, Tagespolitik zu legitimieren. Auch wenn die SPÖ nichts unversucht lässt, diese Motivation für oder gegen ein Denkmal, für oder gegen einen Straßennamen einzig und alleine gelten zu lassen.
Was kann man noch gegen das Standbild einwenden? Dass es von Polen initiiert und finanziert wäre? Ja, weshalb auch nicht? Bei allen Initiativen der Republik Polen zur Schaffung einer Erinnerungsstätte für das vormalige KZ Gusen hat Warschau vorgezeigt, dass Österreich dieser Richtung folgen kann. Zu Recht, Frau Stadträtin. Wobei die historische Unkenntnis ja nahezu als gering anzusehen ist im Vergleich zur Selbstverleugnung gegenüber der eigenen Herkunft. Ohne Sobieski und den Sieg der Alliierten am Kahlenberg gäbe es keine demokratischen Parteien und somit auch keine SPÖ, höchstens dem gegenwärtigen Sultan hörige Vasallenparteien. Ist der Stadträtin bewusst, dass nicht nur die österreichische Geschichte anders verlaufen wäre, sondern jene von ganz Europa? Oder glauben die „Wiener Rathaushistoriker“ der Gegenwart, dass die osmanischen Invasoren nach der Einnahme von Wien 1683 hier stehen geblieben wären?
Der ganze Entscheidungsprozess und erst recht die beigelieferte Argumentation erinnert an die DDR-Erinnerungskultur, als das SED-Politbüro dogmatisch die marxistische Wahrheit bekannt gab. Es ist legitim, sich bei erinnerungskulturellen Entscheidungen vor einzelne Menschen zu stellen, um diese zu schützen. Aber nicht vor Ideologien. Das haben Wien und die Wiener nicht verdient.
Johannes Schönner ist Zeithistoriker und Geschäftsführer des ÖVP-nahen Karl-von-Vogelsang-Instituts