Alternativen zu Lockdown und Impfzwang
Nicht das Coronavirus hat die Gesellschaft gespalten, sondern der Umgang damit. Wären die Maßnahmen verhältnismäßig, würde Covid-19 die Gesellschaft genauso wenig spalten wie die bisher stärksten Grippe-Pandemien (Asiengrippe laut WHO bis zu vier Millionen Tote; Hongkong-Grippe bis zu 4 Millionen Tote; spanische Grippe bis zu 50 Millionen Tote). Die historisch einzigartigen und in China erfundenen Lockdowns sind ein Ausdruck von Unverhältnismäßigkeit: diese spaltet die Gesellschaft. Aus dem bisherigen Krisenmanagement bieten sich einige Lehren an: Auf den Dashboards der Regierungen sollen alle großen Gesundheitsgefahren aufscheinen. Covid-19 war 2020 weltweit – bei großzügiger Zählweise – für 1,8 Millionen von rund 55 Millionen aller Todesfällen (das sind 3 Prozent) die Ursache, weit abgeschlagen hinter Herz-Kreislauferkrankungen, Lungenkrankheiten und selbst Infektionskrankheiten der unteren Atemwege. An Luftverschmutzung sterben weltweit 3,5-mal so viele Menschen, in der EU starben 2020 mehr Menschen an schmutziger Luft (456.000) als an Covid-19 (444.000).
Auf den Dashboards der Gesundheitsminister müssen auch die Folgeschäden der Maßnahmen aufscheinen. Lockdowns führen zur Bewegungsmangel, Einsamkeit, Depressionen, Angst, 79 Prozent der Kinder sind teils schwer geschädigt (Universität Salzburg), Suizide, Herzinfarkte und Embolien durch Aufschub des Arzt- und Krankenhausbesuchs, Arbeitslosigkeit, Insolvenz, Milliardenschulden, ... Die traurige Spitze: Laut Welternährungsprogramm hungern 100 Millionen mehr infolge der Lockdowns, 340 Millionen Kindern erhielten keine Schulmahlzeiten. Warum informieren die Dashboards nicht über dieses unermessliche Leid? Vieles deutet darauf hin, dass Lockdowns deutlich mehr Schaden anrichten als nutzen. Grundrechte dürfen aber nur eingeschränkt werden, wenn die Einschränkungen verhältnismäßig sind. Der Schwarze Tod (–25 % Weltbevölkerung) hat uns gerade einmal die Quarantäne gebracht. „Lockdowns“ (Covid-19 bisher –0,04 %) gab es weder in der Spanischen Grippe noch bei der Pest.
Maßnahmen sollten in Zukunft deshalb auf Freiwilligkeit beruhen statt auf Zwang und Bevormundung. Der Staat sollte die Gesundheitskompetenz der mündigen Bürger*innen unterstützen und Vertrauen fördern statt Angst. Erzwungene Solidarität ist keine. Die Grundrechte dürfen nicht an Bedingungen geknüpft werden. Impfpass/3G als Zugangsschranke in Zeiten niedriger Infektionen und schwach belegter Krankenhäuser sind unverhältnismäßig. Menschen ohne Impfung alle paar Tage zum Test zu zwingen, damit sie ihre unverletzlichen Grundrechte ausüben und am öffentlichen Leben teilnehmen können, stellt eine massive Diskriminierung und einen De-facto-Impfzwang dar: Autoritäre Regime mögen entscheiden, so zu verfahren, Demokratien müssen die Grundfreiheiten sichern und die Verhältnismäßigkeit wahren. Nur so kann die aufgerissene Corona-Kluft in der Gesellschaft heilen.
Christian Felber ist freier Publizist in Wien.