Meinung/Fußball-WM

Quergedacht: Mit Orangensaft auf dem Weg zum Titel

Belgien und England habe ich in meiner ersten WM-Kolumne als meine Favoriten angekündigt. Nach den Auftaktsiegen bleiben sie das auch. Wobei es typisch englisch war, wie das 1:1 durch Tunesien eine bis dahin wirklich starke Mannschaft verunsichert hat. Als wäre ein möglicher Rückschlag in der Matchvorbereitung nie angesprochen worden. Danach fehlte der Nachdruck, es musste gezittert werden.

Meine große Hoffnung war, dass Harry Kane in WM-Form ist. Und das ist er, eindeutig!

Wenn sie es sich selbst zutrauen, könnte dieses junge Team überraschen und Weltmeister werden. Wobei der WM-Titel eigentlich erst für die Endrunde 2022 eingeplant ist.

Ich war vor der WM in Birmingham. Im St. George’s Park wurde das beeindruckende National Center of Football erbaut. Geleitet von Dan Ashworth, der mich damals als Sportchef zu West Bromwich geholt hat. Das neue Fußballzentrum ist ein Wahnsinn, mit zwölf Fußballfeldern, perfekten Unterkünften und ganz viel Know-how. Es gibt eigene Strategien zur Ernährung und Körperentwicklung der Talente.

In Ashworths Büro sind auf einem riesigen Plakat die wichtigsten Ziele zusammengefasst, und ganz groß steht darunter: „Weltmeister 2022“.

Dieser Unterbau mit einer klaren Vision gefällt mir. Und die ersten Erfolge sind schon sichtbar: Die U 17, U 19 und U 20 wurden Europa- bzw. Weltmeister. Auch wenn die Premier League noch die Liga der Legionäre ist, ändert sich auch hier der Fokus: Junge Engländer bekommen mehr Chancen und sind selbst mittlerweile so offen, auch sinnvolle Angebote aus dem Ausland anzunehmen.

Auch Lukaku trifft

Bei Belgien war es weniger spannend. Auch wenn die erste Hälfte offensichtlich für alle Teams benötigt wird, um den eigenen Status zu überprüfen und ins Turnier zu kommen.

Wer nur die Vereinsnamen im Kader liest, müsste fast zwangsläufig auf Belgien als Weltmeister tippen – diese Liste ist eine Ansammlung der allerbesten Klubs. ManUnited-Star Lukaku hat gleich bewiesen, dass es auch auf Turnierebene funktioniert. Ein treffsicherer Mittelstürmer – das ist, wie bei Kane, für eine Mannschaft mit Qualität schon die halbe Miete auf dem Weg in die K.-o.-Spiele.

Und trainiert wird diese goldene Generation von Roberto Martinez, meinem Trainer in Wigan beim FA-Cup-Sieg 2013.

Vor einem Monat haben wir uns in Wigan wieder getroffen. Ein angedachter Besuch in Belgien war vor dem Abflug nach Russland dann aber nicht mehr möglich: Der Hype im Land ist so groß, dass das Trainingslager für die Öffentlichkeit geschlossen werden musste.

Ich hoffe nur, dass bei den Belgiern kein Lagerkoller ausbricht, wenn Martinez auch nach Siegen nur Orangensaft als „Sieger-Getränk“ erlaubt. So wie es Roberto im Wembley Stadium nach unserem 2:1-Triumph gegen Manchester City gemacht hat ...