Meinung

Europa? Etwas mehr Selbstbewusstsein, bitte!

Machen wir Europa also nicht mehr schlechter, als es ist

Mag. Paul Schmidt
über ein unfertiges Europa

Genug mit Krisengerede. Wir Europäer suggerieren damit, dass wir keinen Plan haben und fördern lediglich öffentliches Misstrauen.

Leiten wir Erzählungen über Europa weiterhin mit "Krise" ein, wird diese Darstellung immer weitergetragen. Die Lust am Untergang ist allerdings keine sonderlich gute Basis dafür, diese europäische Baustelle auf Vordermann zu bringen.

Machen wir dieses vereinigte Europa also nicht mehr schlechter, als es eigentlich ist – schließlich sind wir ein Teil davon.

Gefahr der Sackgasse

Auch realistische Chancen und Zukunftsideen dürfen – bei allen Angstszenarien – wieder einmal betont werden. Mut zur Veränderung und mehr Selbstbewusstsein in ein Projekt, dass, bei allen Mängeln, trotzdem ein Erfolg ist, sind notwendig. Streiten wir um politische Ideen und Inhalte, diskutieren wir Richtung und Ziel der Integrationsreise. Aber Schwarzmalerei führt uns zurück in eine nationalstaatliche Sackgasse, in der Probleme maximal verdrängt jedoch nicht gelöst werden können. Allen – zumindest den seriösen – politischen Architekten in Europa ist klar, dass es Herausforderungen gibt, vor denen man sich nicht hinter nationalen Grenzzäunen verstecken kann.

Vertrauen in Europa

Diese Einsicht spiegelt sich dabei auch im österreichischen Meinungsbild zur EU wider.

Bei aller Skepsis werden mehrheitlich gemeinsame europäische Antworten nach wie vor nationalstaatlichen Wegen vorgezogen. Und auch an dem grundsätzlichen Ja zur EU-Mitgliedschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert. Die Mehrheit der Österreicher glaubt an dieses Haus Europa, auch wenn sie in Teilbereichen ein anderes Design jedenfalls bevorzugen würden.

Diese passive Mehrheit braucht eine stärkere Stimme.

Dieses Europa ist eben ein unfertiges Haus. Stürmt und regnet es auf der Baustelle, baut jeder hektisch an einem anderen Teil weiter, um dem Wetter zu trotzen. Ad-hoc-Reparaturen sind nie optimal. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass es letztlich kein gutes Haus werden kann. Zumindest steht das gemeinsame Fundament. Manche Planungsänderungen müssen vorgenommen werden, große Umbauten sind wenig realistisch. Wird dieser Hausbau jedoch einmal gehörig durchgeschüttelt, braucht es Architekten und Baumeister die wissen, wie es weitergeht und das auch vermitteln können. Denn sonst fehlt der Glaube an Stabilität und Statik und Unsicherheit macht sich breit.

Europäische Integration

Ziel einer neuen Architektur Europas muss es jedenfalls sein, die Europäische Integration stärker als bisher als Antwort auf globale Entwicklungen zu positionieren. Ein europäisches Haus, das gerade auch in turbulenten Zeiten von uns als Zuhause wahrgenommen und geschätzt wird.

Mag. Paul Schmidt ist Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik. Die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), gegründet im Jahr 1991, ist ein parteipolitisch unabhängiger Verein auf sozialpartnerschaftlicher Basis in Wien. Dieser Gastkommentar ist Teil des Buches "25 Ideen für Europa", welches im November 2016 im Eigenverlag der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik erschienen ist. Eine eBook-Version ist unter folgendem Link kostenlos abrufbar: www.oegfe.at/25ideenfuereuropa