Meinung

Ein Reformpapier mit großen Lücken

Die Reformvorhaben sind auf halbem Wege stecken geblieben

Mag. Heid Schrodt
über den Entwurf zur Schulreform

Sieht man vom Pensionssystem ab, erweist sich kaum ein anderes Gebiet hierzulande so reformresistent wie das Bildungssystem. Ja, nicht wenige behaupten, die letzte wirklich große Schulreform habe vor 100 Jahren unter Otto Glöckel stattgefunden. Ideologische Blockaden und föderale Interessen stehen großen Entwürfen erfolgreich entgegen.

Wovon reden wir eigentlich, wenn wir von Bildungsreform reden? Eine Bildungsreform sollte ein Gesamtkonzept darstellen, ausgerichtet auf eine Vision, und müsste eine Gesamtstrategie enthalten, wie wir zu dieser Vision kommen. Davon kann weder im soeben in Begutachtung gegangenen Schulrechtspaket die Rede sein, und schon gar nicht in dem am 17. 11. des Vorjahres vorgestellten Papier, dessen Konkretisierung in einigen Punkten jetzt vorgelegt wurde. Die aktuelle Reform enthält durchaus begrüßenswerte Vorhaben wie vor allem die Entschärfung der Schnittstelle vom Kindergarten zur Volksschule oder die Möglichkeit des Verzichts auf Ziffernnoten bis inklusive der 3. Klasse Volksschule. Auch die Sprachförderung mit bis zu elf Wochenstunden ist positiv. Doch die Reformvorhaben sind auf halbem Wege stecken geblieben, denn gerade an der heiklen, für viele Eltern und Kinder fast traumatischen Schnittstelle am Ende der Volksschule sind Ziffernnoten wieder verpflichtend. Was hat man sich denn dabei gedacht? Ein Schelm, wer denkt, es hängt mit der Gesamtschulfrage zusammen. Was die Sprachförderung betrifft, so reichen weder diese Ressourcen, noch gibt es ein durchgängiges Konzept, wie es etwa die Stadt Hamburg seit 10 Jahren erfolgreich praktiziert. Und die Weitergabe von Daten vom Kindergarten an die Volksschule braucht viele begleitende Maßnahmen. Das steht leider aus. Dennoch: Der Weg, der eingeschlagen wurde, ist in Ordnung. Dass er kostenneutral sein muss, ist allerdings eine Drohung.

Wichtiges fehlt

Die grundsätzliche Problematik kommt allerdings im Reformpapier vom letzten November zum Ausdruck, um dessen Inhalt bis zuletzt gerungen wurde. Es stellt nämlich nur eine Punktation von Reformvorhaben dar, deren Konkretisierung jetzt Schritt für Schritt erfolgen soll. Große, wichtige Inhalte wurden, da nicht kompromissfähig, von vornherein ausgespart. Zur gemeinsamen Schule gibt es keine Positionierung – sie kommt nicht vor. Auch die Ganztagsschule sucht man vergeblich. Und eine Reform der Schulverwaltung, die dringender ansteht als je, wird nicht stattfinden. Eine "Mischbehörde" soll Abhilfe schaffen; Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung und somit Geldverschwendung dürfen also weiter stattfinden. Schließlich: Die im Rohentwurf vorgesehene Autonomie verdient den Namen nicht.

Was wir dringender denn je brauchen: eine Vision davon, wie unsere Schule in Zukunft aussehen soll und wie wir dorthin gelangen. Davon sind wir derzeit weiter entfernt denn je.