Meinung

Die Renaissance von Wasser und Brot

Selbst wenn es ums eigene Leiberl geht, gilt also: Vurschrift is Vurschrift.

Ricardo Peyerl
über die Gewerkschaft der Justizwache

Die Gewerkschaft der Justizwache lässt ihre Mitglieder abstimmen, ob sie die Kampfmaßnahme "Dienst nach Vorschrift" mittragen. Klingt harmlos, bedeutet aber: Nur was auf dem Papier steht, ohne Fleißaufgaben und Eigeninitiative, die Gefangenen bleiben noch mehr sich selbst überlassen. Und die Gewerkschaft fängt auch gleich damit an: Die Auszählung der Stimmen kann nicht mehr heute erfolgen, weil am Freitag um 13 Uhr Dienstschluss ist. Selbst wenn es ums eigene Leiberl geht, gilt also: Vurschrift is Vurschrift.

Bei allem Verständnis für die enorme Belastung, dem das Personal im Druckkochtopf Gefängnis ausgesetzt ist: Genau diese Mentalität blockiert seit Jahrzehnten den Versuch, den Strafvollzug ins dritte Jahrtausend zu führen. Solange bestimmte Gewerkschafter nur ihre Parteigenossen in Führungspositionen reklamieren, statt die qualifiziertesten Kollegen zum Zug kommen zu lassen (und solange Justizminister darauf hören), so lange haben Leute wie der Vorsitzende des Dienststellenausschusses in Stein das Sagen. Harald Gerstl trauert der Zeit von Wasser und Brot für die Häftlinge nach und nennt das Gefängnis eine Verwahrungsanstalt, die es auch bleiben werde. Und so lange wird der Strafvollzug nicht aus den negativen Schlagzeilen herauskommen.