Die Parteien sollen den ORF selbst finanzieren
Komisch wirkt, dass Kanzler Kern alles anders machen wollte, im ORF aber auf Politik uralt und Wrabetz setzt.
über die ORF-Wahl
Seit Monaten wird ein Partei-Wahlkampf um die Führung eines Unternehmens geführt. Das gab es früher in der Verstaatlichten Industrie. Das Ergebnis ist bekannt: Pleite. Dem ORF kann das nicht passieren, den bezahlen wir alle. Zwangsweise. Alle Regierungen mit Ausnahme von Klaus II (1966–’70) – da gab es zuvor das Volksbegehren – haben sich Gesetze gebastelt, nach denen sie im ORF nach Belieben fuhrwerken konnten. Das gegenwärtige Gesetz stammt aus der schwarz-blauen Zeit und hat den Einfluss der Regierung besonders heftig zementiert. Kanzler Schüssel ging davon aus, lange zu regieren und dabei die Blauen zu dominieren. Doch es kam anders: Die Blauen spalteten sich und die orangen BZÖler spurten bei der ORF-Wahl 2006 nicht. So wurde Alexander Wrabetz mit vielen Postenversprechungen an die Opposition ORF-Chef.
Nun, wo die Regierung auch in dieser Frage streitet, wirkt sich das ORF-Gesetz besonders absurd aus. SPÖ und ÖVP haben ihre Kandidaten, aber keine Mehrheit. Es entscheiden also die Stimmen der kleinen Parteien – und der großen FPÖ. Die liegt in allen Umfragen auf Platz 1, hat im ORF aber nur eine Stimme. Wenn schon Parteien-ORF, ist das ungerecht. Die FPÖ wird nach der Wahl umso mehr von diesem Gesetz profitieren.
Komisch wirkt, dass Kanzler Kern alles anders machen wollte, im ORF aber auf Politik uralt und Wrabetz setzt, der viel für die Parteien, aber wenig für die zahlenden Zuseher tat. Die Menschen brennen nicht für Kompromisse, meinte Kern zu Beginn. Wohl wahr. Aber für Parteipolitik der 1950er-Jahre sollen sie brennen?
Angeblich werden noch Alternativkandidaten gesucht. Aber welcher Manager der modernen Medienwelt will Angestellter von Politikern sein?