Die NMS: Dringend nötige Gegenwehr
Von Manfred Wimmer
Es ist unseriös, den Neuen Mittelschulen „fulminantes Scheitern“ rückzumelden.
über die Qualität der Neuen Mittelschule
Was kann man gegen Rufmord tun? Eigentlich gar nichts! Was zurzeit in veröffentlichter Meinung und den dazugehörigen Kommentaren mit den Neuen Mittelschulen passiert, ist glatter Rufmord. Die meisten Schulen haben mit ihrer Arbeit gerade erst begonnen oder starten sie im nächsten Schuljahr, aber das Scheitern wird ihnen bereits von allen Seiten attestiert. Den Vogel dabei schießt wieder einmal ein AHS-Gewerkschafter (in unverbrüchlicher Solidarität mit seinen Pflichtschulkolleginnen und -kollegen) in einem Zeitungskommentar (KURIER; 24. 2. 2014; Die NMS und das sinkende Schiff) ab. Die NMS sei „fulminant gescheitert“, verkündet er. Wie er zu dieser „Expertise“ kommt, schreibt er nicht.
Analyse
Offensichtlich, so kann man vermuten, liegt es an dem vom Bildungsforschungsinstitut (BIFIE) kürzlich veröffentlichten Bericht über die Schülerleistungen bei der Standardüberprüfung in der achten Schulstufe im Gegenstand Englisch. Es lohnt sich daher, sich mit diesem Bericht auseinanderzusetzen. Wenn man Schülerleistungen vergleichen will, muss man das natürlich im sozialen Kontext und in einem Schulsystem mit relativ stringenter Selektion nach der vierten Schulstufe auch unter Berücksichtigung der Schülerströme tun. Natürlich weiß das auch das BIFIE und bietet daher in seinem Bericht diese Vergleichbarkeit von Schulen an. Wenn man z. B. das Bundesland Niederösterreich bei dieser Bewertung herausgreift, findet man folgendes Ergebnis: Von den getesteten 48 Neuen Mittelschulen bringen 26 die von ihnen zu erwartenden Ergebnisse, 13 Schulstandorte (27 Prozent) liegen über den Erwartungen, neun Schulen (19 Prozent) liegen unter ihrem Erwartungsbereich. Es ist einfach unseriös, den 26 NMS-Standorten, welche die Erwartungen erfüllen, und den 13 Neuen Mittelschulen, die sie (teils beträchtlich!) überschreiten, „fulminantes Scheitern“ rückzumelden. Womit wir glücklich bei der Politik angelangt wären. Denn was auch klar ist: Vieles, was hier an Kritik vorgebracht wird, ist im höchsten Maße berechtigt: die überhastete Überführung der NMS ins Regelschulwesen, das dilettantisch konstruierte Partnerschulkonzept, die ungesicherte Ressourcensituation und vor allem der naive Glaube der Politik, mit diesem neuen Konstrukt, Schülerströme im Bereich der Schulen der 10- bis 14-Jährigen beeinflussen zu können! Aber andererseits: Das pädagogisch-didaktische Konzept der Mittelschulen ist tragfähig, wahrscheinlich für die weitere Entwicklung des österreichischen Schulwesens richtungsweisend. Und es erfordert großes, neues Engagement! Viele der Beteiligten bringen dieses Engagement im hohen Maße mit. Sie haben es nicht verdient, ständig in der veröffentlichten Meinung als „gescheitert“ hingestellt zu werden!