Meinung

Die langen Schatten der nächsten EU-Wahl

Das Europäische Parlament musste sich seit der ersten direkten Wahl im Jahr 1979 seine Rechte langsam und stetig erkämpfen. Leider fiel die Wahlbeteiligung, je wichtiger das Parlament wurde. Im kommenden Mai könnte sie wieder steigen, weil die EU-Wahl eine große Überschrift bekommen wird: Wer ist für und wer ist gegen den rechten Extremismus. In allen EU-Ländern haben sich Parteien formiert, die mit den Ängsten der Menschen spielend Europa zerstören wollen. Das Gute daran – viele sagen es wenigstens ganz offen, wie die Französin Marine Le Pen und andere.

Die Europäische Volkspartei (EVP) tut sich schwer. Denn zu ihr gehört auch die Fidesz des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Dieser hat den letzten Wahlkampf mit eindeutig antisemitischen Codes geschlagen. Dazu kommen bei ihm der Vorwurf der Einflussnahme auf die Justiz, eine grassierende Korruption und natürlich die Behinderung von freien Medien.

Orbán würde zu den Rechtsextremen viel besser passen, bleibt aber lieber bei der EVP, aus klaren Imagegründen. Bei den Christlich-Sozialen ist nun eine Debatte entbrannt, ob man die Ungarn ausschließen soll. Inhaltlich wäre die Entscheidung leicht – er passt nicht mehr dazu. Wahltaktisch ist es komplizierter: Ein Mitleidseffekt würde dem Mann, der die liberale Demokratie verabscheut, nur helfen, und jedenfalls in osteuropäischen Ländern den Rechtsextremisten Zulauf verschaffen.

Politik ist ohnehin (fast) nur noch Taktik, also wird Orbán vorerst in der EVP bleiben. Hoffentlich gibt es wenigstens einen inhaltlich tief gehenden Wahlkampf, wo klar wird, wer das vereinte Europa ohne Nationalismus und Krieg will, und wer dieses verhindern will.