Die „freie Fahrt“ der Rechtspopulisten
Von Andreas Schwarz
Der luxemburgische Außenminister ist keiner, der mit seiner Meinung hinterm Berg hält: „Kanzler Kurz spricht die Sprache Donald Trumps“, hat er einst mit Bezug auf den Flüchtlingskurs des ÖVP-Chefs gesagt. Und nach dem Wahltriumph Viktor Orbáns in Ungarn sprach der Sozialdemokrat von einem „Wertetumor“, den es „zu neutralisieren“ gelte – Europa sei nicht aufgebaut worden, „um nationalen Ideologien in den Regierungen freie Fahrt zu gewähren“.
Der deutliche Wahlsieg Orbáns hat viele in Europa auf dem falschen Fuß erwischt: Die überbordende Korruption, der untragbare Umgang mit den Medien und seinen Kritikern – war Orbán nicht reif für eine Ohrfeige (Niederlage ging mangels oppositioneller Einigkeit ja nicht)? Mitnichten. Die Sünden des Orbáns-Regimes waren vielen Ungarn wohl bekannt, die Versprechungen aber wogen schwerer: Was Europa nicht schafft, wir schaffen es und halten Ungarn flüchtlingsfrei.
Mit dem Thema Flüchtlinge kann man Wahlen gewinnen, das wissen wir in Österreich nur zu gut (Stichwort: „Schließung der Balkanroute“). Und Rechtspopulisten haben oft dort den größten Zuspruch, wo es das Problem, das sie an die Wand malen, gar nicht gibt. Es reicht das Bild an der Wand.
Das kann man jetzt mögen oder nicht, es ist Tatsache. Und es stimmt: EU-Europa ist auf anderen Werten als auf National-Egoismen aufgebaut. Aber solange es an den Gefühlen und Ängsten der Menschen vorbei agiert – und das hat es in der Flüchtlingscausa lange getan –, solange braucht es sich über freie Fahrt für Viktor Orbán und den Rückenwind für andere nicht zu wundern. Gegen den erstarkten Wind aus dem Osten, sprich: das nach der Wahl gewachsene Selbstbewusstsein wird sich Europa mehr als ein paar flotte Sager einfallen lassen müssen. andreas.schwarz