Meinung

Die Ewiggestrigen als ewiges Risiko

„Er hat im wahrsten Sinne des Wortes in den politische Müll gegriffen“, sagt Heinz-Christian Strache. Er ist Christian Schilcher und Geschichte. Der Braunauer Vizebürgermeister trat zurück, „um Schaden von der Partei abzuwenden“ – da war selbiger längst entstanden. Ein FPÖ-Funktionär aus der Geburtsstadt Adolf Hitlers, der sich an einem Gedicht versucht, in dem Ratten mit Migranten verglichen werden – das lässt keinen Interpretationsspielraum zu. Es ist – wie der Kanzler es formulierte – „zutiefst rassistisch“, was partout rund um Hitlers Geburtstag am 20. April in den Braunauer Postkästen und in der Öffentlichkeit landete. Dass BBC wie CNN darüber berichten, zeigt die Dimension der „Provokation“ (© Schilcher). Dass der Kanzler kurz nach dem Rücktritt den „klaren Schritt des Vizekanzlers als notwendig und richtig“ bezeichnet, zeigt die Eskalation in der Koalitionskommunikation.

In immer kürzeren Abständen muss sich der Bundeskanzler mit mahnenden wie distanzierenden Worten vom Koalitionspartner abgrenzen. Denn auch in der Volkspartei werden immer mehr Stimmen laut, die die Auswüchse der Ewiggestrigen nicht mehr ertragen.

Gleichzeitig will Kurz die Koalition mit Strache aufrecht erhalten und weist explizit darauf hin, dass die FPÖ-Führungsriege klare Grenzen zum rechten Rand zieht. Straches Dilemma dabei: Je klarer sich der FPÖ-Chef von der Basis distanziert, desto mehr riskiert er einen Wählerschwund, wie OGM-Chef Bachmayer analysiert. Versucht er aber, seiner Rechts-außen-Wählerklientel treu zu bleiben, setzt er à la longue die Koalition aufs Spiel – und die Geschichte wiederholt sich. Strache weiß, was 2002 in Knittelfeld passiert ist. Nun muss er seine Lehren daraus ziehen.