Meinung

Corona-Sperren und die Folgen: Mama macht das schon?

Hammer and Dance, heißt das Motto des laufenden Coronavirus-Managements. Zielgerichtet nur dort zu reagieren, wo es notwendig ist, und jene Maßnahmen mit der größten Wirkung und den geringsten Kosten zu setzen. Notwendig ist das aktuell in Oberösterreich.

Cluster rund um Freikirchen und Schlachthöfe führten zu hohen Zahlen bei den Neuinfektionen. Wurde daher die Maskenpflicht im Supermarkt wieder eingeführt und Arbeitgeber und Religionsgemeinschaften unter hoher Strafdrohung verpflichtet, auf Abstand zu achten?

Nein. Stattdessen wurden Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen in fünf bevölkerungsreichen Bezirken eine Woche lang geschlossen.

Betroffen waren mehr als 100.000 Kinder. Und mit ihnen zehntausende Familien, die ihre Betreuung von heute auf morgen umstellen müssen – oder sich unter aller Augen zum „Betreuungsnotfall“ selbst deklarieren.

Geringster Schaden?

Sind also ausgerechnet Schul- und Kindergartenschließungen die Maßnahme mit dem geringsten Schaden? Wohl kaum: Sie bringen Eltern, vor allem Frauen, in die Bredouille, sie verlangen weitere Opfer von Familien, von denen sich nach dem Lockdown eh schon jede zweite als „stark belastet“ einschätzte, sie bringen eine Einschränkung von sozialen Kontakten und Bildungschancen gerade für Kinder aus sozial schwachen Familien.

Denn auch während der Schulschließung ist es ein Unterschied, ob Kinder im Alleinverdiener-Haushalt im Einfamilienhaus mit Garten oder mit drei Geschwistern in einer engen Wohnung sitzen.

Überrascht über den niedrigen Stellenwert von Kindern und Familien brauchen wir im Übrigen nicht sein. Allen Sonntagsreden zum Trotz ist es weiterhin so, dass Kinderbetreuung vor allem abseits der Großstädte als verzichtbarer Luxus von Frauen, die sich lieber selbst verwirklichen wollen, gesehen wird.

Zu wenige Plätze, eingeschränkte Öffnungszeiten werden nicht erst seit gestern beklagt, es geschieht nur kaum etwas. Ausbügeln tun das Frauen, die kürzer und in “familienfreundlicheren“ Jobs arbeiten müssen.

Corona hat dem noch eins drauf gesetzt. Urlaubs- und Pflegetage sind für viele aufgebraucht, die schon im Normalzustand schwierige Balance zwischen Familien- und Erwerbsarbeit bricht in der Krise zusammen. Dementsprechend ist die Lebenszufriedenheit von Frauen laut Umfragen während der Krise deutlich gesunken. Sie bewerten ihre Lebenszufriedenheit durchschnittlich nur noch mit 6,4 von 10 Punkten. Vor der Krise lag sie noch bei 8 Punkten.

Corona wird sich so schnell aus unserem Leben nicht verabschieden. So schnell wie möglich, aber spätestens zu Schulbeginn im Herbst braucht es neben der Einsicht, dass auch Kinderbetreuung „systemrelevant“ ist, auch verbesserte Test-Strategien.

Es kann nicht sein, dass private Labore Test-Resultate in vier Stunden liefern, während Kindergärten bei jedem Verdachtsfall drei Tage schließen. Und es kann auch nicht sein, dass wir zuallererst die Schulen schließen, weil uns die Maskenpflicht auf die Nerven geht.

Barbara Blaha leitet das Momentum Institut, die „Denkfabrik der Vielen“ in Wien.