Wenn die Ampel blinkt
Von Annemarie Josef
„Wie oft blinkt die Ampel grün, bevor sie auf Gelb schaltet?“, fragt Nicol Rouzek, der Fahrlehrer. Darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht. In Österreich ist das ja anders als in Deutschland, wo ich einst das Fahren gelernt habe. Da blinkt nichts. „Drei Mal“, rate ich "... oder mehr ... oder weniger?" Blink, blink, blink, blink! Vier Mal. Hier können Sie sich vergewissern. Als ich später im Kollegenkreis herumfrage sind die Antworten unterschiedlich: Vier Mal, zwei Mal, drei Mal, fünf Mal. „Manche Ampeln blinken gar nicht, die springen sofort auf Gelb“, ruft eine Kollegin empört. „Da kann man gar nicht anders als bei Gelb in die Kreuzung fahren.“ Ich werde das die kommenden Wochen prüfen. Ich muss sowieso mitzählen, um ein Gefühl für die Ampelschaltung zu bekommen. Weil ich es verdammt schwer finde, hier korrekt zu fahren, also rechtzeitig stehen zu bleiben, aber auch den Verkehr hinter mir nicht auszubremsen. Ich hoffe, das gibt sich dann bald.
Seltsam, mir wird erst jetzt, in der dritten Fahrstunde, so richtig klar, wie es um meine Fahrkünste steht: Ich habe zwar den Führerschein, bin aber eigentlich Anfängerin, weil mir vieles im Straßenverkehr, was automatisch ablaufen sollte, nach der langen Zeit als Beifahrerin nicht mehr geläufig ist.
„Wenn du hier stehen bleibst, hast du die Vorfahrt verwirkt“, sagt Nicol, mein Fahrlehrer. Gefühlte fünf Minuten stehe ich wohl an der Kreuzung, um sicher zu gehen, dass kein Auto von rechts kommt, dann will ich losfahren. Da rollt ein Auto von links an, dem ich eindeutig zu langsam bin. Plötzlich weiß ich nicht: Muss ich jetzt schnell losfahren, ich komme ja von rechts? Nicol winkt ab. Stehenbleiben und warten, sonst gibt’s ein kleines Verkehrschaos oder gar Schlimmeres. Dann ein Fußgängerüberweg: Ich sehe einen Vater mit seinem Sohn an der Hand, natürlich halte ich gerne an, da zöger ich nicht. Der besorgte Vater sieht aber nur das Fahrschulauto, blickt zum Fahrlehrer, um sicher zu gehen. Mir, der Fahrschülerin, traut er offenbar nicht.
Wir sind unterwegs in Floridsdorf zwischen Brünner und Wagramer Straße – hier ist oft 30er-Zohne mit vielen Einbahnstraßen, zugeparkten Gassen, unübersichtlichen Kreuzungen. Sackgasse von rechts! „Wer hat Vorfahrt?“ – „der Rechtskommende“ – „Genau, viele wissen das nicht.“ Hey, bin ich gut!
Muss aber auch zugeben: Am liebsten würde ich überall stehen bleiben, wo ein zweites Auto dazu kommt. Egal von welcher Seite. Ich reiß' mich zusammen. Autofahren zu wollen bedeutet ja auch, sich zu konzentrieren und trotz Vorsicht, souverän zu bleiben. Jede Rechts-vor-links-Kreuzung ist anders. Der Idealfall: Sie ist einsehbar, dann klappt das auch besonders gut: langsamer werden, wenn nötig runterschalten und so fahren, dass ich gut anhalten kann, wenn ein Auto von rechts kommt. Der kurze Blick nach links fällt mir nicht schwer. Ich traue ja niemandem. Was später mal sicher noch Thema werden wird.
Ewig könnte ich jetzt in der 30er-Zone herumgurken. Aber wir wollen noch auf die Hundewiese beim Angelibad. Einer, der Wege, der zu meinem Alltag gehören soll. Mein Hund hasst U-Bahn, liebt aber diese Wiese an der Alten Donau. Da will ich öfter mit ihm hin. Aber zurück zum Autofahren: Erstens bin ich überrascht, dass ich den Weg gut finde. Zweitens, dass mir die Strecke über die Floridsdorfer Brücke nicht schwerfällt. Da kann man jetzt endlich einmal sagen: Stell dich nicht so an, fahr einfach.