Garage des Grauens
Von Annemarie Josef
Einige Autos sind hier schon angestreift. Blau, Grün, Rot und Schwarz. Ich kann die Farben den Autos der Nachbarn zuordnen. Doch meine Angst ist, in der höllisch engen Garageneinfahrt, womöglich auch einmal selbst Spuren zu hinterlassen.
Ich bin ja jetzt zu Beginn meiner Auffrischungstouren die ganze Zeit mit dem recht handlichen Fahrschulauto unterwegs. Das ist auch gut so. Aber mit der Zeit muss ich dann umsteigen. Mich an andere Dimensionen gewöhnen. Denn die Familienkutsche ist groß. Hat einen geräumigen Kofferraum, wovon die Hälfte dem Hund gehört. In die andere Hälfte muss das Gepäck für unsere Reisen passen. Nein, es sind keine Kinder an Bord. Hätte ich die nämlich, dann hätte ich das Autofahren niemals so schleifen lassen. Das erklärte mir ein Experte für die Umsetzung von Vorhaben und Verhaltensänderung recht eindrücklich. Wenn man muss, dann erreicht man Ziele besser.
Ich muss ja nicht in diese Garage, ich muss auch nicht zurück auf die Straße, aber ich will. Potenziale nutzen, Freiheit leben, unabhängig sein, man kann es eigentlich nennen, wie man will. Es gehört zu meiner Realität, jetzt in meiner zweiten Lebenshälfte, dazu.
Ich könnte sogar fahren und draußen parken, wie es hier so mancher macht. Aber das ist mir zu wenig. Zum Autofahren gehören auch enge Straßen, verzwickte Situationen. Was soll ich tun, wenn das nicht geht. Den Mann anrufen? "Bitte hol mich hier raus? Komm und park mir bitte das Auto ein. Fahr es mir bitte raus, damit ich eine Spritztour machen kann." Das gilt nur für wirkliche Notfälle. Im Alltag ist so etwas sicher der Killer für vieles.
Bei einer Hausversammlung war ja sogar mal Thema, dass man die Garage an der engsten Stelle ein wenig verbreitert, die Wand abschleift. Die Statik hätte nicht mitgemacht. Daran erinner ich mich jetzt, sonst würde ich das Thema nämlich nochmals aufgreifen.
Ich bitte meinen Fahrlehrer Nicol Krouzek, dass wir einmal mit dem Fahrschulauto in die Garage des Grauens fahren. Und wir machen das. Fast mit links. Das klingt jetzt großspurig, aber es ist so. Die einfachste Lösung wäre also: Ich kauf mir einen VW Polo. Natürlich ist das Unsinn, denn ich werde auch weiter viele Wege mit den Öffentlichen machen. Die Familienkutsche reicht völlig aus.
Was ich hier im Blog noch nicht geschrieben habe: Mit dieser Kutsche auf vier Rädern habe ich mich auch schon ein, zwei Mal in die Garage raus- und reingequält. Das ist Milimeterarbeit, bei der mir der Mann an meiner Seite sehr gut hilft. Helfen muss.
Das passt mir nur nicht, ich bin ungeduldig, mache manchmal genau das Gegenteil von dem, was er ansagt. Zuhören, mir was sagen lassen. Ohne geht das nicht. Ob das gut geht? Ich bin gespannt, wie ich das Problem mit der Garage auf Dauer löse. Fahrlehrer Nicol gibt mir einen guten Rat mit auf den Weg: "Hier kommt es rein auf die Technik an, den Winkel beim Reinfahren, den richtigen Zeitpunkt, das Lenkrad einzuschlagen. Das muss man üben. Es braucht Geduld."
Okay, ich glaube, ich habe ein einsehen. Das wird schon werden.