Hans Hollein: Mobiles Büro (1969)
Von Michael Huber
Unzählige Nachrufe in aller Welt haben den Architekten und Universalkünstler Hans Hollein gewürdigt, der am 24. April im Alter von 80 Jahren verstarb. Viele verschiedene Bauten können mit gutem Recht als "Hauptwerke" Holleins gelten. Um zu verstehen, warum Hollein ein Visionär war, genügt jedoch eine Luftblase, die der Architekt vor 45 Jahren auf dem Flugfeld Aspern präsentierte.
Holleins "Mobiles Büro" war eine aufblasbare Plastikplane mit Telefonanschluss. Nicht mehr. In dem Kurzfilm, den der Architekt zu dem Projekt drehen ließ (er war zuletzt in der Schau "Keine Zeit" im Wiener 21er Haus zu sehen), mimte er den viel beschäftigten Architekten, der mitten am Flugfeld Aufträge entgegennimmt und auf seinem Zeichenblock im Handumdrehen "sehr moderne" Häuser entwirft (tatsächlich kritzelte Hollein nur ein Kästchen mit Giebeldach aufs Papier).
Was im Mondlandungs-Jahr 1969 gewiss auch als Satire an den Fortschrittsglauben gedacht war, nimmt sich 2014 als weitsichtige Vorwegnahme unserer nomadischen Arbeitswelt entgegen: Der Architekt, der überall erreichbar ist und von der Airline-Lounge aus via Handy und Tablet seine Projekte dirigiert, ist vielerorts schon mehr die Regel als die Ausnahme. Die Laptop-Kreativen mit Kopfhörern am Ohr, die überall auf der Welt Kaffeebars und ähnliche Orte bevölkern, brauchen gar keine physische Plastikhülle mehr um sich herum, um zu zeigen, dass das mobile Büro heute eine Standard-Einrichtung geworden ist. Die Frage, ob damit tatsächlich ein erstrebenswerte Zukunftsvision wahr geworden ist, bleibt freilich weiterhin zu diskutieren.