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Der Preis des Filmwunders

Über Kultursubvention zu diskutieren ist ein Minenfeld.

Georg Leyrer
über Filmförderung.

Es ist wie ein Reflex: auf jeden Filmerfolg - große, wie die Oscars, und nicht so große - folgt der Hinweis, dass der österreichische Film mehr Geld brauche. Hervorgekehrt wird, dass andere Kulturbereiche (Museen, Oper, Theater) mehr Subvention kriegen, der Film als kulturelles Leitmedium längst andere, hoch geförderte Sparten überholt hat und dass der heimische Film auf internationalen Festivals überaus erfolgreich ist.

Das ist alles richtig - aber wirft weitere Fragen auf, etwa jene, wie es im internationalen Vergleich um die heimischen Filmsubventionen steht. Dieser Vergleich überrascht nämlich: Die heimische Filmförderung ist in den vergangenen Jahren so rasant gestiegen, dass das Land sich auch beim Preis des Filmwunders mit den ganz großen wie Frankreich, Deutschland und Italien messen kann.

Vorweg: Über Kultursubvention zu diskutieren ist ein Minenfeld. Das Publikum mault ("Staatskünstler!"), der Kulturpolitiker signalisiert Angst vor dem Wecken schlafender Hunde, der Künstler ist in der Defensive und der Kulturjournalist ergeht sich in Klischees ("Kultur kann gar nicht genug Geld kriegen").

Erschwerend kommt hinzu, dass das Ergebnis von Kultursubventionen nicht sinnvoll in Zahlen zu fassen ist. Wann ist Subvention ein Erfolg? Wenn viele Preise gewonnen werden? Wenn viele Leute hingehen (das Angebot also sehr breit ist)? Wenn ein Projekt ohne Förderung wegen seines hohen künstlerischen Anpruchs (oft gleichbedeutend mit: wegen seines geringen Publikums) gar nicht möglich gewesen wäre?

"Was ist der Gewinn einer kulturellen Institution? Der liegt für mich im individuellen Erleben von Menschen. Das klingt sehr weich, ist es auch. Das kann man gar nicht in Zahlen ausdrücken. Aber ich denke, dass Konzert- und Opernhäuser Seelenorte von Gesellschaften sind, ganz wesentliche Orte für das gemeinschaftliche Wohl", sagte der künftige Konzerthaus-Chef Matthias Naske dazu.

Finanz und Oscarglanz

Nur: Wieviel Geld soll für diese "Gesellschafts-Wellness" ausgegeben werden?

Knapp 70 Millionen Euro hat Österreich auf Bund- und Länderebene zuletzt für Film ausgegeben. Dass das zu wenig ist, darüber sind sich alle bis hin zur Kulturministerin einig.

Um sich ein klareres Bild darüber zu machen, ob das auch stimmt, lohnt sich ein Blick in andere Länder. Denn jeder innerösterreichische Vergleich hinkt: Dass der Bund für Film weniger ausgibt als für die Volksoper zeigt eigentlich nur, dass in Österreich - zum Glück und mit Recht - viel Geld für Kultur ausgegeben wird.

Und das trifft längst auch in hohem Maße auf den Film zu. Immerhin stellt Österreich pro Kopf weit mehr Subvention für Film bereit als u.a. Deutschland, Italien und Großbritannien. Das Land lag laut einer EU-Überblicksstudie (Zusammenfassung hier) 2009 bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Filmförderung EU-weit auf Platz 5, gleich hinter der Filmsupermacht Frankreich.

Auch in absoluten Summen - also nicht pro Kopf, sondern bei der Gesamtförderhöhe - ist Österreich vorne mit dabei: 2009 gaben nur weit größere Länder mehr Subvention als Österreich. Das kleine Land liegt nach den Giganten Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und Spanien auf Platz sechs der EU-Länder.

Die Achillesferse der Argumentation für mehr Filmsubvention ist das Publikumsinteresse: Nach einem großen Anstieg beim Publikumsinteresse 2009 (im Rekordjahr gab es 1,4 Millionen Besucher) sind die Kino-Besucherzahlen des österreichischen Filmes laut den Zahlen der Filmwirtschaftsberichte des Österreichischen Filminstituts wieder um mehr als 50 Prozent geschrumpft.

Der Preis der Preise

Auch Auszeichnungen sind ein zweischneidiges Argument für Subventionen: Bei der Berlinale gewann der bosnische Film "Epizoda u zivotu beraca zeljeza" den Großen Preis der Jury. Der Spielfilm wurde mit einem Budget von nur 17.000 Euro gedreht.

Auch der rumänische Gewinner des Goldenen Bären, "Pozitia Copilului", entstand in einem Land, das auf keinem nennenswerten Rang bei Filmförderungsvergleichen aufscheint: In Rumänien wird im EU-Vergleich pro Kopf am wenigsten für Filmförderung ausgegeben.

Nicht zuletzt ist Filmförderung auch immer eine wirtschaftliche Entscheidung - Filmdrehs bedeuten Jobs und Steuern, auch auf touristische Werbung hofft man. Selbst Riesenproduktionen wie Peter Jacksons "Hobbit" bekommen Förderungen, Neuseeland lockte den Regisseur mit 56 Millionen Dollar (die man nun, da der Film bald eine Millarde Dollar eingenommen haben wird, übrigens gerne zurück hätte).

Verteilungskampf

Die Zahlen lassen sich auf vielfältige Weise interpretieren. Letztlich ist die Frage, ob Film mehr Geld braucht, nur über einen Umweg zu beantworten, nämlich: wie wichtig ist Österreich der Film geworden?

Film im Allgemeinen hat an Bedeutung, nicht zuletzt auch für das Publikum, in den vergangenen Jahrzehnten stark gewonnen, andere Bereiche haben eher abgenommen. Würden Subventionen der aktuellen gesellschaftlichen Bedeutung - bei der Film und Pop mit großem Abstand die prominentesten Sparten sind - entsprechen, müsste die Subventionsstruktur völlig anders aussehen.

Verteilungskämpfe werden aber kaum geführt, mit gutem Grund: Für mehr Geld kriegt ein Kulturpolitiker freundlichen Dank, für gekürzte Subventionen hingegen erntet er anhaltende und lautstarke Kritik. Und selbst Film könnte hier in die Defensive geraten: Auch Pop ist für die Menschen extrem wichtig, der Bereich bekommt aber wesentlich weniger Geld als Film.

Was also tun? Ein erstes Resümee ist jedenfalls: Die Filmbranche versteht sich auf die Kulturrevolution. 2011 wurde Film, kombiniert man Bundes- und Länderebene (wobei die Länderebene stagniert bis schrumpft), mit mehr als 45 Prozent mehr Geld gefördert als 2007.