Es gibt nur sie
Von Doris Knecht
Der Fall Kampusch ist also abgeschlossen. Der Endbericht ist da, und damit ist alles gesagt, was es, im Sinne der Staatsanwaltschaft, zu sagen gibt. Nicht viel Neues: Ermittlungspannen werden eingeräumt, die Einzeltäter-Theorie ist jetzt betoniert. Weitere Spekulationen wird das nicht verhindern. Die Außerordentlichkeit des Verbrechens trägt dazu ebenso bei, wie die merkwürdigen Aussagen von Ludwig Adamovich und das ambivalente Verhältnis des Opfers zur Öffentlichkeit. Natascha Kampusch war, wie nicht nur ihr eigenes anhaltendes Leiden, sondern auch der völlig andere Umgang mit den Opfern von Josef Fritzl zeigte, von Beginn an schlecht beraten: Die öffentliche Neugier konzentrierte sich auf das sorglos vorgeführte Opfer, das sich bis heute nicht recht entscheiden kann, ob es die Traumata seiner Gefangenschaft öffentlich oder ganz für sich verarbeiten will. Kampusch befeuert den Voyeurismus selbst immer wieder, indem sie die mediale Hoffnung, dass bei ihr doch noch etwas zu holen sei, durch Interviews periodisch nährt. Ganz anders verlief der ähnlich gelagerte, aber noch grausigere Amstettner Kriminalfall; unter anderem deshalb, weil es da einen lebendigen, angemessen diabolischen und letztlich seiner Strafe zugeführten Täter gab, an dem sich die Öffentlichkeit abreagieren konnte. Und weil man die Opfer, so viel hatte man aus dem Fall Kampusch gelernt, entschieden abschirmte, bis das öffentliche Interesse nach dem schnellen, kurzen Gerichtsverfahren allmählich erlahmte. Dieses Glück hat Natascha Kampusch nicht. Es gibt keinen Täter, keinen Prozess, nur sie. Der Fall mag abgeschlossen sein; ihre Geschichte aber ist wohl nie zu Ende.