Die Schwester von nett
Von Doris Knecht
Die Regierung sollte sich fürs neue Jahr u. a. das Studium der Himmelsrichtungen (N ie O hne S eife W aschen) verordnen, mein ganz persönlicher Vorsatz lautet hingegen: zählen lernen. Ja, Sie zahlreichen, aufmerksamen Leser (wirklich, nur: Leser), Sie haben völlig recht, das war Unsinn, dass am 1. Jänner das neue Jahrzehnt anfing, das tat es überhaupt nicht. Das fängt erst nächsten 1. Jänner an, denn ordnungsgemäß zählen wir von eins weg und nicht von null. Das Jahrzehnt, dass ich hier fälschlicherweise abschloss, war ein gefühltes Jahrzehnt, ein Bauchjahrzehnt quasi, während die Kopfdekade korrekterweise noch ein ganzes Jahr andauert. Okay.
Und hierfür gleich noch ein weiterer Vorsatz, den ich, völlig eigennützig, sehr gern verallgemeinert seherte: nett sein, netter werden. Denn nett ist (ich entschuldige mich bei der feinfühligeren Leserschaft, aber exakt so geht nun mal der momentan viel bemühte Spruch), nett also ist mitnichten die Schwester von scheiße. Nett ist mit der inkriminierten Materie nicht einmal entfernt verwandt, es gäbe, tatsächlich, einige einschlägige Verwandte, die man hier aufzählen könnte, aber nett ist definitiv nicht darunter. Nett ist, wenn überhaupt, eine Tochter von positiv, die Schwester von freundlich und zuvorkommend , eine Cousine von heiter und tolerant und eine Nichte von gelassen . Überdies steht nett in einer ernsthaften Liaison mit Gutmensch, der gleichfalls völlig zu Unrecht in Verruf geraten ist. Denn gäbe es mehr Paare wie Nett und Gutmensch, wäre die Welt ein freundlicherer , besserer und gerechterer Ort. Lasset uns also nett zueinander und zu anderen sein; denn Nettigkeit vermehrt und potenziert sich und kehrt zurück. Genau wie Aggression; nur: Es ist sehr viel angenehmer.