Meinung/Blogs/In 80 Arbeitstagen um die Welt

Welt-Reise, Tag 36 - Japan

Zeitlose Eleganz

Wir treffen uns in einer kleinen Boutique in einem der coolsten Stadtteile von Tokio, in Shibuya. Sie kommt mit dem Fahrrad. Trägt von Kopf bis Fuß Ausgefallenes - von Edwina Hörl. Erstaunlich: Sie ist von ihrer Ausbildung Sonderschullehrerin. Hat auch nach ihrer Ausbildung zwei Jahre lang in einer Wiener Sonderschule gearbeitet. Beeindruckend: Die Salzburger Modedesignerin kann sich mit ihrer Konzeptmode seit mittlerweile zehn Jahren in Tokio behaupten. Hat ihr eigenes Level, zwei Mitarbeiterinnen, wird auch in diversen Showrooms ausgestellt. "Ich bin hier nicht nur Designerin, sondern auch Geschäftsfrau", erklärt Edwina Hörl in der Boutique Dune in Shibuya. Im Vergleich zur "geschützten Werkstätte Österreich" sei das hier auch gar nicht anders möglich. Die Rechnung ist einfach: "Wenn ich nichts verkaufe, arbeite ich schon morgen in der Nacht in einem Conveniencestore." Das Schneidern hat sie von ihrer Mutter gelernt. Daheim. An Tagen, an denen es in Salzburg lange Schnürl regnete. Im Jahr 1991 hat die Autodidaktin dann mehr zufällig als geplant den damals zum ersten Mal vom Ministerium ausgeschriebenen Preis für experimentelle Mode gewonnen. Und damit ein Arbeitsstudium in Japan. Sie durfte dann drei Jahre lang im Atelier des großen Meisters Yohji Yamamoto (Liebling von Juliette Binoche, Johnny Depp, Wim Wenders; Lieblingszitat: "Ich hasse Mode") mitarbeiten. Sie lächelt: "Als Assistentin der Assistentin. Ich war im ersten Jahr mehr als nur verzweifelt. Ich fühlte mich einsam. Aber von dem Netzwerk, das ich mir dann aufgebaut habe, lebe ich noch heute." Nach zehn Jahren zeitloser Eleganz in Japan sagt die 46-jährige Modefrau: "Auch wenn ich mich manchmal noch immer vor den Kopf gestoßen fühle, mag ich es, dass die Japaner so sachlich, so organisiert sind. Bei uns heißt es immer, dass sie so militärisch gedrillt sind. Aber das empfinde ich gar nicht so. Es gibt hier ganz viele Individualisten." Japanische Freunde sagen manchmal, dass sie zu wenig voraus denkt, ihnen hält sie wiederum mit einem Lächeln entgegen: "Schon gut, aber dann hätte ich nie nach Japan kommen dürfen." Seit einem Jahr ist auch H & M in Japan, und das Insel-Land hat noch immer mit den Folgen der Wirtschaftskrise zu tun. Edwina Hörl sagt, dass sie das nicht weiter trifft: "Wer mit der Mode experimentiert, ist immer in der Krise." Zum Abschied noch ein Tipp: Wer Edwina Hörl in Österreich tragen möchte, findet ihre Mode unter anderem im Concept-Store "Park" in der Mondscheingasse in Wien 7 sowie im Samstag-Shop in der Margaretenstraße 46. Weitere Infos: www.edwinahoerl.com.

"Ein ganz anderer Planet"

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Das Conrad Hotel im coolen Bucht-Bezirk Shiodome gilt als eines der best geführten Absteigen und Architekturen in Tokio. Quasi im Keller fahren gleich zwei U-Bahn-Linien durch. Die Rezeption befindet sich im 28. Stock. Die 289 Zimmer darüber sind größer als durchschnittliche Wohnungen für japanische Familien. Der Blick aus den Fenstern, auch aus allen Restaurants ist grandios. Hinunter auf eine Stadt, die nirgendwo enden will. Die ausgestellten Kunstwerke sind keine Kopien. Direktor des Hotels ist ein Österreicher: Gregor Andréewitch, ein erfahrener Mann, der seit 35 Jahren für die Hilton-Gruppe arbeitet. Derzeit im 16. Hotel, im zehnten Land. Seit drei Jahren sagt Andréewitch, wo es im Conrad lang geht. Sein Resümee: "Japan ist ein ganz anderer Planet." Das Gute an Japan: Seine Angestellten besitzen eine Berufsehre, die bis hin zur Selbstaufgabe reicht, sind extrem verlässlich, arbeiten jeden Tag aufs Neue auf die Perfektion hin, bringen eine konstant gute Leistung. Das Problem in Japan: Niemand will Verantwortung übernehmen, wenn die Dinge einmal aus dem Ruder laufen. Bestes Beispiel: Der Erdbeben-Alarm. Der wird regelmäßig simuliert, und funktioniert prächtig. Doch einmal gab es einen echten Alarm, wegen einer zu heftig brennenden Adventkerze. Na, mehr hat es nicht gebraucht. Der Hoteldirektor spricht offen von einer Katastrophe. Des Krisenmanagements. Der Wiener will es nicht laut sagen, doch auch leise hört man es: "Die Japaner lernen nicht zu denken, sie lernen, um Prüfungen abzulegen." Auch mit dem Treffen von Entscheidungen tun sie sich hart. Man könnte ja eine falsche treffen, man könnte ja auch seinem Vorgesetzten widersprechen. Für das Conrad ist das jetzt nicht weiter wichtig, das Conrad hat ja den Herrn Andréewitch. Doch wenn er Recht haben sollte mit seiner Analyse, dann wehe der Wirtschaftsmacht Japan.

Feng Shui mit Pferd

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Sich ein Pferd im Westen seines Wohnzimmers aufstellen, das bringt Glück. Sagen die alten Japaner. Die jungen Japaner sagen das nicht mehr. Weil die wissen gar nicht, was in der Wohnung Glück bringt. Die wissen nur eines: Sie müssen viel Zeit im Büro verbringen, und am Abend viel Zeit mit ihren Kollegen und ihrem Chef in der Bar, dann wird alles gut. Die jungen Japaner machen auch zu wenige kleine Japaner, klagen die Demographen. Was schlecht ist. Weil wer wird sich in Zukunft in den Schulen des Landes drillen lassen, wer wird die Straßen und Büros bevölkern? Wer wird das Land zu altem Glanz führen? Wer wird mit den Österreichern Geschäfte machen? Schon wieder so viele Fragen. Eine gute Zeit, um sich von hier zu verabschieden. Sayounara, Japan. Wir müssen jetzt weiter. Hat uns sehr gefreut. Auf Wiedersehen!

Das Waschl-Universum

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Johann Waschl, General Affairs. Heißt es in der Außenhandelsstelle in Tokio. Und mit dieser Jobbeschreibung wird man ihm vielleicht noch am ehesten gerecht. Denn Johann Waschl ist ein Unikat. Eine Welt für sich. Ein Fels in der Brandung. Ein guter Mensch. Auch ein Mann für alle Fälle. Landen wieder einmal zwei österreichische Gringos zum ersten Mal in Tokio, bringt er sie sicher mit dem Wagen in die Stadt und gibt ihnen dabei eine kurzweilige, schau'n Sie, sog' ma a so, nojo, so derf ma des jetz' ned seg'n, dafür sehr einprägsame Einführung zum Thema Japan. Benötigen die unbedarften Österreicher kurzfristig einen gut ausgebildeten Dolmetsch, einen Techniker mit japanischer Lizenz, einen Bankomat oder auch nur einen lebenspraktischen Rat, kann Johann Waschl kleine Wunder bewirken. Denn der 58-jährige Mödlinger lebt seit dem Jahr 1976 praktisch ohne Unterbrechung in Tokio. Er ist mit einer Japanerin verheiratet. Kennt sich in Tokio wie in seiner eigenen Westentasche aus. Und wenn er von "wir" oder von "uns" spricht, dann meint er in der Regel nicht die Österreicher, sondern die Japaner. "Ich bin ein richtiger Auslandsösterreicher", erklärt Johann Waschl, während er den breiten Dienstvolvo der Außenhandelsstelle einen weiteren Tag ohne Schrammen und vor allem ohne jegliche Verzögerung durch den Tokioter Nahverkehr steuert. Er hat seiner ersten Heimat vor 35 Jahren für immer den Rücken gekehrt, in dem Jahr, als Franz Klammer in Innsbruck die olympische Abfahrt gewonnen hat, Waterloo & Robinson mit "My little World" auf Platz 1 der Charts kletterten, John Watson das Formel-1-Rennen in Zeltweg gewann. Womit Johann Waschl auch für österreichische Sprachforscher und Zeithistoriker von Interesse sein müsste. Wer heute wissen möchte, wie man in Österreich Mitte der 1970er-Jahre gesprochen und auch gedacht hat, im Gedächtnis des Johann Waschl, das hier in Japan feinsäuberlich fossilisiert wurde, würde er mit Sicherheit Belege dafür finden. Am Ende eines langen Tages führt Johann Waschl die beiden unbedarften Österreicher auch wieder zurück zum Flughafen. Als die Verlässlichkeit in Person. Als aufmerksamer, stets hilfsbereiter Landsmann. Und es fällt wirklich schwer, "Auf Wiedersehen" zu sagen. Daher besser: "Weiterhin alles Gute, Herr Waschl." Der bisher berührendste Moment dieser Reise.

Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.