Welt-Reise, Tag 35 - Japan
Orchideenfächer
Ein Japanologe und Koreanologe vor dem Skilift in Fujiten, dem nächst gelegenen Skilift aus der Sicht der japanischen Hauptstadt Tokio. Was du da studierst, das sind doch Orchideenfächer, hat man zu ihm in Wien öfters gesagt. Doch Clemens Lindig ließ sich von seinem Studienziel nicht abbringen. Und gut ist es so. Seit 2008 arbeitet der Innsbrucker für die Firma Skidata. Seine Aufgabe ist es, den Japanern und Koreanern Zutrittskontrollen zu ihren Skiliften zu verkaufen. Bisher war er nicht ganz untätig: "200 Anlagen haben wir hier sicher schon verkauft." Die Skidata AG wurde im Jahr 1977 in Salzburg gegründet, und fertigt auch nach der Übernahme durch die Schweizer Kudelski-Gruppe in Grödig. Nicht nur Gates für Skilifte, sondern auch für Sportstadien, Vergnügungsparks, Parkhäuser und auch Einkaufszentren. Weltweit sind derzeit rund 6000 Anlagen in Betrieb. Skidata gilt in diesem engen Marktsegment als Weltmarkt- und Technologieführer. Selbst im Krisenjahr 2009 hat die Gruppe einen Rekordumsatz eingefahren. "Unser Name ist inzwischen auch in Japan ein Begriff", erklärt Geschäftsführer Lindig. Zumindest in den Bergen, bei den Skifahrern. Jetzt versucht er den Japanern das Thema Stadion-Sicherheit näher zu bringen. Im Bereich der Zutrittskontrollen zu modernen Sport- und Event-Arenen haben diese bisher kaum Erfahrungen. Ein Hoffnungsmarkt für die Firma Skidata, die zuletzt bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika sechs der zehn WM-Stadien ausgerüstet hat. Noch einmal zurück zu den Orchideenfächern: Im Moment ist Clemens Lindig gut im Geschäft, fühlt sich auch gut aufgehoben bei seinen Salzburgern. Daher studiert er den Arbeitsmarkt nicht weiter. Doch es müsste schon viel schief gehen, würden sich für den Japanologen und Koreanologen nicht auch anderswo sehr schnell interessante Türen öffnen.
Wo die Sonne aufgeht
Der Wirtschaftsdelegierte in Tokio, Martin Glatz, kann mit positiven Nachrichten aufwarten. Im Vorjahr sind die österreichischen Exporte nach Japan wieder um fast 30 Prozent angestiegen. Zeit wurde es auch! Denn nach all den Schlagzeilen über die Wirtschaftskrise und die China-Euphorie hat man die Sonne aus österreichischer Sicht zuletzt mehr in Peking und in Schanghai denn in Tokio aufgehen gesehen. "Japan ist ein schwieriger Markt", gibt auch Glatz zu. Die fremde Kultur der Japaner, die er sich auch selbst seit einem halben Jahr Schritt für Schritt anzueignen versucht, machen das Geschäftemachen hier nicht einfacher. "Ein Faktum ist aber, dass der Markt auch weiterhin österreichische Kompetenz verträgt." Betont der Delegierte. Um ein Beispiel zu geben: Die Japaner wollen jetzt ihre Wälder besser pflegen und effizienter bewirtschaften, wissen aber noch nicht ganz genau wie. Sie wollen Holz als Biomasse verwenden und auch als modernes Baumaterial einsetzen. Sie wollen ihre Häuser besser und nachhaltiger und Energie sparender bauen. Ein guter Zeitpunkt für die österreichische Forst-, Energie- und Bauwirtschaft, hier einmal nach dem Rechten zu schauen. Auch für Kreative gäbe es in Japan einiges zu tun. Die Herausforderungen sind nicht einfach, keine Frage. Doch kreative Menschen mögen es ja auch nicht allzu easy.
Im Café Landtmann
Das Café Landtmann liegt im vierten Stock einer vornehmen Shopping Mall mit dem klingenden Namen Kinokuniya. Im ebenso nicht ganz öden Stadtteil Aoyama. Es wird erzählt, dass die Japaner vieles mit Leidenschaft kopieren und meist das Original sogar übertreffen. Die Frage ist heute: Gelingt ihnen das auch beim Wiener Café Landtmann, für das sie extra eine Lizenz erworben haben? Hier die Bewertung: Der Eingang ist weniger repräsentativ als das Original, so unmittelbar neben dem Outlet eines Sportartiklers. Dafür erinnert der enge Schlauch durchs Café gleich an Wien, die gepolsterten Sitze sind noch deutlich weniger abgewohnt, der Backhenderlsalat ist mindestens auf gleicher Höhe, die Melange dafür noch entwicklungsfähig. Was dem japanischen Landtmann allerdings besonders fehlt, ist die Unfreundlichkeit der Wiener Ober. Und darum - g'schamster Diener - wird die Kopie das Original in diesem Fall wohl nie erreichen.
Alles Walzer I
Es gibt eine Form des Exports, der in keiner Statistik aufscheint. Einen geistigen Export, für den österreichische Lehrer, Künstler, Kreative, Akademiker an vielen Orten der Welt verantwortlich sind. Die Deutschen würden dazu Kultur-Transfer sagen. Aber das klingt im gegenständlichen Fall zu wenig weich, zu wenig nach Drei-Viertel-Takt. Christian Martinu und Rio Mitani leiten seit sieben Jahren die Austrian Ballett Company im Tokioter Innen-Stadtteil Mita. Sie wollen dort ihr Talent und auch ihr Wissen an junge Japaner weiter geben. Das Wiener Lebensgefühl in die Welt hinaus tragen. Finanziell keine Luftsprünge machen, aber doch davon leben können. Beide haben in jungen Jahren an der Wiener Staatsoper getanzt. Wo sie sich nebenbei auch kennen, schätzen und lieben gelernt haben. Als Paar haben sie dann - nach einigen Engagements in den USA - erkannt, dass Tokio ein guter Boden für ihr Business ist. An jeder zweiten Ecke wirbt hier eine Ballettschule um junge Klientel. Doch viele dieser Schulen würden genauso eisern geführt wie die Zuchtanstalten des hiesigen Bildungswesens. "Man nimmt den Kindern damit die gesamte Freude", kritisiert Martinu. "Und wenn die Kinder keine Freude mehr haben, dann wollen sie auch nicht mehr tanzen", ergänzt seine Frau Rio (kam im zarten Alter von einem Jahr mit ihrem Vater, einem japanischen Architekten, nach Wien). Und dann tanzen sie wieder den Wiener Walzer. Schlampig und zeitverzögert, wie man ihn in Wien auch nicht besser tanzen kann. Und dann zeigt sich, dass ihnen einige Schülerinnen bereits erstaunlich weit folgen wollen. Sanfte Revolution - im Untergrund von Tokio.
Alles Walzer II
Man soll bei verdienstvollen älteren Menschen nachsichtig sein. Aber das, was der 75-jährige Herr Kommerzialrat Walter Nettig beim Wien-Ball in Tokio im Hotel Westin zur Eröffnung sagt, das geht bitte wirklich nicht. Da haben die freundlichen Japaner eh schon mit dem Kauf ihrer Eintrittskarte und mit ihrem Kommen ihr grundsätzliches Wohlwollen gegenüber Österreich bezeugt (ein Tisch kostet 5000 €), und dann müssen sie sich ein völlig unvorbereitetes, uninspiriertes Herumgerede anhören, das einem Gesandten des Wiener Bürgermeisters nicht würdig ist. Mit keinem einzigen Satz die Wertschätzung der Wiener, der Österreicher gegenüber dem Gastland zum Ausdruck zu bringen, das grenzt schon an ein Kunststück der besonderen Art. Hey, Mann, nur einmal Danke sagen, dass ihre alle so zahlreich erschienen seid! Was hätte es gekostet? - Es gibt Momente auf dieser Reise, da hätte man gehofft, das Gesagte nie gehört zu haben. Immerhin, die jungen Damen und Herren vom Eröffnungskomitee lassen sich ihren ersten großen Ball-Abend nicht schlecht reden. Ihr Auftritt bleibt ohne Pannen. Der oft in die Welt hinausgetragene Wien-Ball gilt, wie Botschafterin Jutta Stefan-Bastl in ihrer Ansprache anmerkt, seit September des Vorjahrs als immaterielles UNESCO-Kulturerbe Österreichs.
Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.