Welt-Reise, Tag 29 - China
Zweischneidiges Schwert
Große österreichische Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, in China keine Geschäfte zu machen. Die Analyse von Oskar Andesner ist unmissverständlich. Andesner ist seit drei Jahren Wirtschaftsdelegierter in Peking, gilt als einer der profundesten Kenner Österreichs in Fernost, hat auch schon etlichen Firmen beim Markteintritt geholfen. Was der Tiroler auch klipp und klar sagt: "China ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn unsere Firmen die gesamte Technologie verkaufen oder zu leichtsinnig den chinesischen Partnern überlassen, dann haben sie hier bald nichts mehr anzubieten." Für einen Chinesen sei es ganz normal, dass er besser sein möchte als sein Meister. Doch es gebe Möglichkeiten, den Kopier-Bemühungen der Joint-Venture-Partner die Stirn zu bieten. Andesner nennt als Beispiel die Strategie der Eisenbahner von Plasser & Theurer: "Die verkaufen den Chinesen nie die letzte Technologie, sondern immer nur die vorletzte." Außerdem hat die Firma für das hiesige Werk einen Österreicher abgestellt, der genau beobachtet, was die Chinesen genau beobachten. Um im Geschäft zu bleiben, müssen die österreichischen Firmen ihren chinesischen Kontrahenten weiterhin einen Schritt in Forschung und Entwicklung voraus sein. Die Voraussetzung dafür beschreibt der Vertreter der österreichischen Wirtschaft in Peking mit drei Wörtern: "Bildung, Bildung, Bildung." Kleinkariertes Hickhack in der Bildungspolitik sei für ihn daher nicht nachvollziehbar.
Rudls himmlischer Frieden
Man muss nicht herumreden. Natürlich steht China auch für Bad news: Verletzung der Menschenrechte; Inhaftierung von Regimekritikern; keine Kompromisse in der Tibet-Frage, eiserner Besen gegenüber Minderheiten; blühende Korruption; brutale Ausbeutung der eigenen Ressourcen; Überwachungsstaat. Gewiss darf auch jeder Ausländer, der in China zu arbeiten beginnt, weiterhin damit rechnen, dass man ihn und seine Angehörigen anfangs genau beobachtet. Gleichzeitig gilt aber auch: Wenn das Geld und auch die Leistung stimmt, dann wird auch der gläubigste chinesische Kader schwach. Die österreichische Botschaft in Peking gilt als eine der kritischeren in China. Dennoch können österreichische Firmen in Ruhe ihren Geschäften in China nachgehen. Unser Export-Patron, der Rudl, hat heute beispielsweise den Platz des Himmlischen Friedens besucht, um symbolisch auf die Opfer des Regimes hinzuweisen. Die Uniformierten haben die Ein-Pferd-Demo nicht aufgelöst. Die Kontrollaugen der chinesischen Botschaft in Wien werden diese Zeilen hingegen aufmerksam lesen. Rudl bestellt liebe Grüße! (Rudl wurde übrigens, endlich sei's hier verraten, aus einem Souvenirgeschäft auf der Wiener Kärntner Straße freigekauft, um 9,90 €, und keine Frage, er ist made in China.)
Der Zdarsky-Schwung
Ob sich sein Ur-Ur-Großvater, Matthias Zdarsky, das ist der, der das Skifahren nach Österreich gebracht hat, freuen oder aber im Grab umdrehen würde? Sicher freuen. Denn auch Stephan Zdarsky ist ein Pionier in Sachen Wintersport. Der 33-jährige Leibnitzer wird ebenfalls in die Geschichte eingehen. Als der Steve Zdarsky, der das Snowboard nach China gebracht hat. Zdarsky kam vor zehn Jahren als Student der Wirtschaft und der Sinologie in das Land der damals begrenzten Möglichkeiten. Und erkannte sofort, dass er hier nicht seiner Leidenschaft nachgehen kann. Was lag also näher, als der erste Snowboard-Lehrer und der erste Betreiber eines Snow-Parks in China zu werden? Der befindet sich eine Autostunde nördlich vom Zentrum Pekings. In Sichtweite zu einem Dorf, das sich Nanjan nennt und mehr Einwohner zählt als Graz oder Linz. Inzwischen gibt es Tausende Chinesen, die auf dem Brett die Kunstschnee-Pisten zumindest runterrutschen können. Einige wenige sogar auf internationalem Niveau. Inzwischen gibt es auch Chinesen, die Zdarskys Geschäftsidee 1 : 1 kopieren wollen. "Das ist in diesem Land normal", erklärt der Sinologe. "Du musst halt schauen, dass du ihnen immer um einen Schritt voraus bist." Sein Vorfahre hat den Österreichern den Zdarsky-Schwung hinterlassen. Wie soll man nun das nennen, was der Steve den Chinesen auf dem Schnee-Brett beigebracht hat: Auch Zdarsky-Schwung?
Ski heil in Peking
Wolfgang Preisinger ist schon ein paar Jahre älter als der Kollege Zdarsky. Der 67-jährige Salzburger Geschäftsmann aus Zell am See kann auf ein halbes Jahrhundert Erfahrung als ausgebildeter Skilehrer zurückblicken. Seit zwölf Jahren versucht er, auch den Chinesen das Skifahren beizubringen. Sein Befund: "Die Chinesen sind grundsätzlich nicht weniger talentiert als die Österreicher, es mangelt halt leider an ihrer Ausbildung." Oft beobachtet - der klassische erste und meist letzte Skitag im Leben eines Chinesen: Vormittags liegt er auf einem Hang mit wenigen Grad Neigung öfters im Schnee. Nach dem Mittagessen fasst er Mut, fährt mit dem Lift den Berg hinauf und quält sich dann halsbrecherisch hinunter ins Tal. Dieser Chinese ist für die Skiindustrie und auch für den Tourismus naturgemäß gestorben. Wolfgang Preisinger hat vor vier Jahren - in Kooperation mit dem österreichischen Berufsski- und Snowboardlehrerverband - Salzburger Kollegen zur Ausbildung der chinesischen Skilehrer ins Land gelotst. Heute Abend wurden in der österreichischen Botschaft in Peking zwei vornehme Skiclubs gegründet. Im März und im Mai wird deren General Secretary betuchten Club-Mitgliedern die Berge seiner Heimat näher bringen.
Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.