Meinung/Blogs/Hofer lebt den Öko-Wahnsinn

Hofer und das Ende der Fichte

Hinter dem Haus meiner Eltern liegt ein Gemüsegarten. Auf der einen Seite von einer Wiese begrenzt, wird der Garten auf der anderen Seite von einem Bach umsäumt. Zwischen Garten und Bach ragen zwei alte Fichten empor. Knapp 30 Meter hoch.

Spielten wir als Kinder an heißen Sommertagen auf der Wiese Fußball, spendeten sie uns Schatten. An stürmischen Tagen schwankten ihre Wipfel einige Meter hin und her und ich fürchtete, die Bäume könnten mit einem Rums auf das Hausdach knallen. Im Frühjahr pflückten wir Fichtenwipfel, um daraus Saft zu machen. Altes Hausmittel gegen Husten - und schmeckt dementsprechend.

Es gibt eine Fotografie, auf der ich als Neunjähriger nahezu auf der Spitze einer der beiden Fichten sitzend zu sehen bin. Meine Mutter war verständlicherweise alles andere als begeistert von meinen gewagten Kletterausflügen. Ich war aber nicht davon abzuhalten, die nähere Umgebung, für ein Kind die ganze Welt, von oben zu erforschen.

Abholzung

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Wenn heute Forscher über Regenwälder fliegen, sehen sie vor allem eine problematische Veränderung: die fortschreitende Rodung. In einigen Tropenländern gehen bis zu 90 Prozent der Abholzung auf das Konto organisierter Kriminalität, wie UNEP (Umweltprogramm der UNO) und Interpol jüngst auf einer Konferenz in Rom berichteten.

Betroffen von der illegalen Abholzung sind beispielsweise das Amazonasgebiet, Zentralafrika und Süd-Ost-Asien. In Europa ist dieses Problem wohl geringer - doch der Klimawandel macht vor Grenzen keinen Halt.

Pfiati Fichte

So werden die Veränderungen von Temperatur und Niederschlag die Wälder Europas immer stärker südländisch prägen, berichtete ein internationales Forscherteam jüngst im Fachblatt Nature Climate Change. Der Befund ist deutlich: An Kälte und mäßig feuchte Böden angepasste Baumarten wie die Fichte, die heute einen großen Teil des wirtschaftlichen Werts der Wälder in Europa ausmacht, werden sich vor allem nach Nordeuropa und in die höheren Lagen der Alpen zurückziehen, schreiben die Forscher.

Diese Baumartenverschiebung ist nicht nur für Tiere und Pflanzen prekär, deren Lebensraum schwindet, sondern auch für die Forstwirtschaft. Der Klimawandel könnte den wirtschaftlichen Wert der europäischen Wälder bis ins Jahr 2100 halbieren. Der Unterschied, ob eine 30-Meter-Fichte oder eine nur zehn Meter hohe Eiche geerntet werden kann, ist enorm: Je nach Klimaszenario könnte der europäische Wald zwischen 14 und 50 Prozent an Wert verlieren. Europaweit bedeute das Verluste von 60 bis 677 Mrd. Euro, so die Schätzung.

Der Wechsel der Baumarten wird außerdem das Klima belasten, denn die langsam wachsenden, mediterranen Wälder absorbieren weniger Kohlenstoff als die heutigen Wälder, so Studienleiter Marc Hanewinkel von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.

Hofer senior

In Österreich sind übrigens im vergangenen Jahr insgesamt 19 Mio. Festmeter Holz gefällt worden. Damit wurden 80 Prozent des nachgewachsenen Holzes genutzt. Jährlich wachsen 4000 Hektar Wald nach - etwa die Fläche von 8000 Fußballfeldern. Mein Vater bewirtschaftet einen guten halben Hektar Wald, also grob gesagt ein Fußballfeld voller Bäume. Bei meinem jüngsten Besuch im September half ich ihm bei der Holzarbeit; dabei ist er in seinem Element.

Die beiden Fichten stehen übrigens auch heute noch. Das erinnert mich an das Foto von vor zwanzig Jahren. Irgendwo in einem alten Fotoalbum oder einer Schachtel muss es sein. Ich werde es jetzt suchen gehen.

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