Meinung/Blogs/Hofer lebt den Öko-Wahnsinn

Hofer fragt die Fisch-Expertin

Zu welchem Fisch darf der Konsument mit gutem Gewissen überhaupt noch greifen?

Mag. Stefan Hofer
lebt den Öko-Wahnsinn

Manchmal erfüllen sich Kindheitsträume also doch. In ihrem Zimmer hing ein Poster, darauf zu sehen: die "Rainbow Warrior". Jetzt, Jahre später, ist Melanie Aldrian selbst Teil dieses schwimmenden Mythos der Umweltbewegung. Als Aktivistin befindet sie sich derzeit auf dem Greenpeace-Flaggschiff, auf dem Weg von Durban entlang der südostafrikanischen Küste nordwärts nach Mozambique. Im Gepäck ein Thema, mit dem sich die gebürtige Steirerin seit einem Jahr intensiv auseinandersetzt: die industrielle Überfischung der Ozeane.

Vor ihrer Abreise habe ich Aldrian, Pressesprecherin für Greenpeace Mittel- und Osteuropa, in der Zentrale im 10. Wiener Gemeindebezirk besucht.

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In der KURIER-Kantine werden regelmäßig Fischgerichte angeboten. Für meinen Blog möchte ich daher von der Expertin wissen, wie es um den Fischbestand bestellt ist und welche Meeresfrüchte ihrer Meinung nach noch auf meinem Teller landen dürfen.

Der Zeitpunkt der aktuellen Kampagne ist bewusst gewählt: Alle zehn Jahre wird die Fischereipolitik in der EU reformiert. Maria Damanaki, EU-Kommissarin aus Griechenland, ist mit der Agenda betraut, sie habe aus Sicht von Greenpeace auch einen "brauchbaren" Entwurf vorgelegt. Doch letztlich entscheiden die Mitgliedsländer bzw. deren zuständige Minister. Und die stünden auf Seite der Fischerei-Industrie, aber nicht auf Seite der kleinen Fischer und schon gar nicht der Fische, meint Aldrian.

Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass weltweit bereits 85 Prozent der Bestände komplett ausgebeutet, erschöpft oder bereits überfischt sind. Die EU dringt deshalb mit ihren von Steuergeldern subventionierten Fangflotten in immer entferntere Meeresregionen und größere Tiefen vor, um die Nachfrage zu decken. Flottenstärke: 84.000 Schiffe.

In Österreich etwa beträgt der jährliche Fischverbrauch pro Kopf rund 15,4 Kilogramm (Fanggewicht). Tendenz steigend.

Schwimmende Fischfabriken

Biologin Antje Helms, seit 1989 bei Greenpeace, bezeichnet die derzeitige Situation als "desaströs". Das Feindbild der Aktivisten sind vor allem die bis zu 140 Meter langen "Supertrawler". "Fischtrawler fischen täglich 250 Tonnen Fisch, die direkt auf dem Schiff verarbeitet werden. Es ist einfach Massenfang."

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Die Hauptprobleme, zusammengefasst: Zu hohe oder gar keine Fangquoten. Beifang, der tonnenweise wieder über Bord gekippt wird - ob tot oder schwer verletzt. Darunter Jungfische, Schildkröten oder Wale. Allein in der Nordsee werden die jährlichen Rückwürfe auf bis zu 800.000 Tonnen geschätzt, so Greenpeace. Illegale Fischerei und mangelnde Kontrollen auf See. Schleppnetze, die in der Tiefsee alte Korallenriffe zerstören. Antibiotika, die in der Fischzucht eingesetzt werden und ins Wasser gelangen. Überdies zerstöre das rigorose Vorgehen der EU-Flotten in außereuropäischen Gebieten die Lebensgrundlage der dort heimischen Fischer.

Welchen Fisch darf ich essen?

Greenpeace will die Politiker wachrütteln - und die Konsumenten informieren. "Du gehst in den Supermarkt, siehst die Fischstäbchen, und hast keine Ahnung, woher sie kommen. Der Konsument fischt im Trüben", kritisiert Aldrian.

Als Hilfestellung für den Einkauf wird ein Fischratgeber angeboten (hier zum Download). Darin sind insgesamt 34 Speisefisch-Arten angeführt. Nur bei Forelle, Karpfen und Saibling wird eine Kaufempfehlung abgegeben. Hering, Makrele und Zander liegen zwar noch im "grünen Bereich", hier sei aber das Fanggebiet entscheidend. Bei Alaska-Seelachs, Hoki, Rotbarsch und weiteren Speisefischen wird vom Kauf gänzlich abgeraten.

Man müsse erkennen können, woher der Fisch kommt und vor allem, wie er gefangen wird, fordert Greenpeace. Eine vollständige Kennzeichnung, bestehend aus Handelsname/lateinischer Name, FAO-Fanggebiet, Sub-Fanggebiet, Fangmethode/Zuchtmethode und Tracking-Code (Rückverfolgbarkeit) sei daher unverzichtbar.

Positiv: Seit Greenpeace in Österreich mit heimischen Supermarktketten an ihrem Fischeinkauf arbeitet, sind einige bedrohte Arten ausgelistet und nachhaltige Produkte wie geangelter Tunfisch neu.

Abstinenz

Ich frage Aldrian, wann sie selbst zuletzt Fisch gegessen habe. Eine Forelle, vor rund einem halben Jahr. Ansonsten esse sie keinen Fisch mehr. Man spürt: Aldrian ist überzeugt von dem, was sie tut. In der Steiermark gibt es das Sprichwort, "des is` fia die Fisch`". Aldrians Arbeit ist es wohl im positivsten Sinne.

Detaillierte Informationen zur europäischen Fischereipolitik, Zahlen und Fakten.

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