Das vereinte Europa- ein kurzer Traum?
Von Susanne Bobek
Wir haben keine andere Wahl, als zu sagen: "Wir schaffen das."
über Gift für den europäischen Traum
Die derzeitige Debatte über Migration und Flüchtlinge ist Gift für den europäischen Traum. Europas Nationalstaaten befinden sich im Stellungskrieg. Sachlichkeit und Vertrauen sind zwischen Dublin und Lesbos abgesoffen. Die Nerven liegen blank.
Die hohen Flüchtlingszahlen stellen Staat und Zivilgesellschaft vor enorme Herausforderungen. Es gilt nicht weniger als vor Krieg (und Hunger) fliehenden Menschen im krisengebeutelten, von Jugendarbeitslosigkeit geplagten Europa eine Zukunftsperspektive zu bieten.
Der Stand der Debatte verdeutlicht aber das Dilemma in dem sich die vermeintlich zivilisierte westliche Welt befindet. Denn die Frage „Wie komm' ich dazu?“, stellt sich nicht mehr. Wir haben keine andere Wahl, als zu sagen: „Wir schaffen das.“ Alles andere bedeutet den schlafwandlerischen Untergang Europas. Nicht nur wirtschaftlich wäre die Idee der Verzwergung zurück in Kleinstaaten verheerend in dieser globalisierten Welt, die wir nun einmal haben.
Die Stimmung ist in Zeiten von Social-Media unkontrollierbar, wenn gleichzeitig jeglicher Respekt verloren gegangen ist. Derzeit sind es die Brandstifter, die gleichzeitig Feuerwehr spielen wollen. Und in all dem Krawall wirkt es, als ob die gefährlich aufgebrachte Mehrheit den Blick auf das Wesentliche verloren hätte und Freund von Feind nicht mehr auseinanderhalten könne.
Der Ukraine-Konflikt und der syrische Bürgerkrieg sind geprägt von russischen Interessen. Diese Krisen sind nicht hausgemacht in Europa, sondern die Auswüchse einer Zurschaustellung imperialer Politik. Die EU als Gegenstück zum russischen Mafiastaat ist teilweise Angriffsfläche dieser imperialen Politik. Gleichzeitig nutzen ideologische Autokraten europaweit die Stunde des Wahnsinns für ihre persönlichen Ambitionen. Niemand kann den positiven Ausgang dieser Geschichte Europas versichern. Niemand könnte im Nachhinein behaupten, dass der negative Ausgang nicht selbstverschuldet war.
Die Herbergssuche von Maria und Josef zu Weihnachten war nach einer Silvesternacht in Köln Geschichte. Das vereinte Europa? Ein historisch betrachtet kurzer Traum?
Angela Merkel hat dennoch Recht behalten, da sie Europa einen Ausweg aus der Aussichtslosigkeit pflasterte. Politik darf in Demokratien des 21. Jahrhunderts nicht lediglich auf Macht und Gier fundieren. Das ist der Grund, weshalb die deutsche Kanzlerin all jene übertrumpfen wird, die nun Steine in den Weg legen. Victor Orban, Jaroslaw Kaczyński, David Cameron, Heinz-Christian Strache, Marine Le Pen.
Gestehen Sie sich ein, dass Angela Merkel womöglich zu den größten Politpersönlichkeiten Ihres Lebens gehören wird, ob Sie wollen oder nicht.