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Das olympische Lagerfeuer

Wenn es schon zu Hause im Gebälk der Finanzpolitik ordentlich kracht, dann herrscht wenigstens in Sotschi Stabilität.

Peter Temel
über das "Olympia Studio" im ORF

Ein Großereignis, vor allem ein sportliches, ist noch eine der wenigen Gelegenheiten für das öffentlich-rechtliche Fernsehen, seine Funktion als mediales Lagerfeuer zu zelebrieren. Oder zu simulieren. Denn der ORF lässt in seinem " Olympia Studio" (ORFeins, 20.15 Uhr) hinter den zu interviewenden Sportlern konsequenterweise ein künstliches Kaminfeuer flackern. Schön. Heimelig. So sollen Olympische Winterspiele sein. Wenn es schon zu Hause im Gebälk der Finanzpolitik ordentlich kracht, dann herrscht wenigstens in Sotschi Stabilität. Kein Wunder, dass Politiker so gerne bei großen Sportfesten hereinschneien.

Magenprobleme

Der Donnerstag war allerdings der erste Tag ohne österreichisches Edelmetall. Mit einem Vierten (Simon Eder) und einem Fünften ( Dominik Landertinger) im Biathlon lässt sich schwer ein richtiges olympisches Feuer entzünden. ORF-Mann Oliver Polzer behalf sich mit Gesprächen über Magenprobleme und "Lebensmittelhusten". Zum Glück gibt es noch den lustigen Kollegen Christoph Sumann, dessen Scherze über Schussverletzungen als mögliche Attraktivierung der Sportart bereitwillig eingespielt wurden.

Gut fürs "Olympia Studio", wenn man wenigstens zwei Medaillengewinner vom Vortag, die rodelnden Gebrüder Linger, ins Studio bitten kann. Und noch besser, wenn einer der beiden verkündet, dass seine Frau "einen g'sunden Buam" zur Welt gebracht hat. "Das stellt eigentlich alles in den Schatten," sagte Andreas Linger.

Schön. Heimelig.

Aber es ging auch anders. Verbandspräsident Markus Prock, ebenfalls Studiogast, wurde gefragt, warum es eine derartige "deutsche Dominanz" gebe. Die Rodel-Legende verwies nicht etwa, wie das so oft geschieht, auf die Größe des Nachbarlandes, sondern regte an, man solle hierzulande eben auch endlich so "top top top-professionell" arbeiten. Schön, dass nicht alles so heimelig ist.

Gegensätze

Sogar im "Olympia Tagebuch", eigentlich eine Spaßrubrik, war Platz für Gegensätze. Die Welt der Reichen und Schönen im Olympia-Ressort Rosa Khutor wurde mit Bildern aus der tristen Umgebung von Sotschi konfrontiert. Menschen leben dort ohne Gas oder fließendes Wasser. "Sotschi ist nur etwas für Reiche. Arme haben hier nichts verloren", sagt ein Russe. Die Redaktion sei "im Geiste auf der Seite der sozial Schwachen", erklärt der Tagebuch-Vorleser. Schön, wenn auch nicht heimelig.

Dafür gab es dann noch, ups, ein paar Schnappschüsse von den ersten goldenen Olympiatagen zu sehen, als "der Kanzler" und "der Minister" noch in Sotschi weilten.

Damit es vor dem Kaminfeuer in den nächsten Tagen wieder gemütlich wird, müssen wohl weitere Medaillen her. Gut, dass Marcel Hirscher gerade "verschärftes Riesentorlauftraining" auf der Reiteralm betreibt, wie wir gegen Ende im "Olympia Studio" erfahren. Am Sonntag kommt er nach Sotschi. Und wir werden wieder am medialen Lagerfeuer Platz nehmen.

INFO: "Olympia Studio", an jedem Olympia-Tag um 20.15 Uhr auf ORFeins

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"Hitze"-Bilder aus Sotschi

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