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Türkische Gedichte im Psych-Rock-Sound: Altin Gün mit neuem Album

Die untergehende Sonne hüllt umliegende Berge in ein sattes Rot, während die letzten Sonnenstrahlen vom Fluss in die Ferne getragen werden. Schon das psychedelisch anmutende Cover des neuen Albums "Aşk" der niederländischen Band Altin Gün erzählt eine Geschichte von Sehnsucht, Fernweh und einem "goldenen Tag", wie der Bandname übersetzt heißt. Am Freitag veröffentlicht die Combo ihr fünftes Studioalbum.

Mit ihrer Neuinterpretation des anatolischen Folk-Rocks hat Altin Gün die Tür einst für ein Comeback des Genres geöffnet. Ihre Songs holen in Spotify-Listen - zum Beispiel bei "All New Indie" - fast 1,3 Millionen Likes. Ihr Erfolgsrezept ist der einzigartige Sound aus modernen Disco- und Pop-Elementen, die sie mit Langhalslauten (Saz) und Orgelklängen kombinieren - türkische Volksmusik trifft auf Psych-Rock und Funk. Diesen Zutaten sind sie bisher treu geblieben.

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Die zehn Songs des neuen Albums entfernen sich nun etwas von den zuletzt 2021 veröffentlichten, elektronisch-dominierten Alben "Âlem" und "Yol". "Es ist auf jeden Fall sehr anders als die vorigen Alben, es ist sehr organisch, sehr lebendig und etwas traditioneller", erzählt Bandgründer Jasper Verhulst im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. "Man kann wirklich eine Band spielen hören - nichts ist programmiert."

Die Passion der Musiker und deren "tiefstmögliches Gefühl der Liebe", wie das neue Album "Aşk" übersetzt heißt, hört man, wenn sich der türkische Gesang leidenschaftlich auf den Rhythmus der Percussions legt. Auch zwischen den eindringlichen Popbeats in "Leylim Ley" und Discovibes im Song "Doktor Civanim" gehen die Emotionen nicht verloren und münden im tanzbaren Ohrwurm "Çıt Çıt Çedene". "Das neue Album wurde fast live aufgenommen", so Verhulst. "Wir haben nicht wirklich Demos gemacht, sondern einfach die Songs zusammen gespielt - unsere Musik ist eine Gruppenleistung."

Nur zwei Bandmitglieder sprechen Türkisch

Mit ihren Texten möchte die Band den lyrischen Zauber der türkischen Kultur aufleben lassen - einige Lyrics basieren sogar auf alten Gedichten, die bisher nur mündlich überliefert sind. "Viele der Texte drehen sich um den Verlust von Menschen und handeln von Liebe. Sie sind sehr poetisch", so Verhulst. Er selbst aber verstehe die Texte nicht, gibt er lächelnd zu. "Nur zwei Bandmitglieder sprechen Türkisch und das sind die Sänger", erzählt er. "Aus irgendeinem Grund mag ich es, Musik zu machen, die ich nicht verstehe", so Verhulst weiter. "Auch ohne den Text zu kennen, höre ich die Emotionen und den Klang der Wörter. Die Stimme wird so mehr zu einem Instrument, das gefällt mir."

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So besonders wie die Musik ist auch die Geschichte der sechsköpfigen Band. Ein Zeitsprung ins Jahr 2016 nach Amsterdam: Verhulst erinnert sich noch genau an den Besuch im Plattenladen, bei dem er das erste Mal mit dem anatolischen Rock in Berührung kam und sich direkt in Songs der türkischen Sängerin Selda Bağcan verliebte. "Ich war überrascht und hin und weg von der Kombination der Folk-Musik und psychedelic Sounds der Siebziger", so Verhulst. "Das hat etwas in mir verändert, und ich habe angefangen, mir viele Platten zu kaufen."

Inspiriert von der Musik suchte er nach Bands, die das Genre live spielten - doch fand keine. Nachdem er sich gerade von seiner Gruppe getrennt hatte, beschloss er, das selbst in die Hand zu nehmen. Von Amsterdam aus suchte er über einen Post in den sozialen Medien nach Bandmitgliedern, die seine Liebe zur türkischen Musik teilten. So formierte sich eine Band mit Menschen unterschiedlicher Herkunft - türkisch, indonesisch, niederländisch. Vielleicht ist das der Grund, warum sich die emotionale Tiefe der Songs von Altin Gün beim Hören sofort erschließt und berührt. Das neue Album zeigt auf unverkennbare Weise, wie sich vergangene und gegenwärtige Musikgeschichte zu einem modernen Sound zusammenführen lässt.